Marianna Pola Amalia Richter

Marianna Pola Amalia
Richter

03.07.1920
Fürth
-
24.03.2017
Fürth

stimmungsbild

Ihr Leben

Marianna Pola Amalia Richter wurde im Sommer am 03. Juli 1920 in Fürth geboren und starb am 24. März 2017 mit 96 Jahren in Fürth. Sie wurde im Tierkreiszeichen Krebs geboren.

weitere Auszüge aus dem leben der "Mariann" findet Ihr unter
http://trauer.nordbayern.de/traueranzeige/mariannapolaamalia-richter
Dort hört man auch ein eigenes Lied für die Marianna.

Ein Filmchen über Marianna ist hier zu finden oder einfach bei Youtube " Marianna Pola Amalia Richter " eingeben.
https://www.youtube.com/watch?v=GwQPa1DH-NA
https://www.youtube.com/watch?v=GwQPa1DH-NA&t=9s


Name: Richter

Mädchenname: Mulini (Stadtmüller)

Vorname: Marianna Pola Amalia
(vom Eltern und Geschwistern nur „Mariann´“ gerufen)

Geboren: 3. Juli 1920

Geburtsort: Fürth

Verstorben: 24. März 2017 zwischen 6.45 Uhr und 7.45 Uhr in Fürth, Fritz-Rupprecht-Heim
der AWO in Fürth-Burgfarrnbach


Religion: evangelisch lutherisch
Getauft, konfirmiert, verheiratet und bestattet in der
Gemeinde der Sankt-Michael Kirche in Fürth
Getauft am 10. Juli 1920 und konfirmiert am 14. April 1934


Beruf: Arbeiterin

Zu Vor- und Nachkriegszeiten bei verschiedenen Fürther Firmen als Arbeiterin.
Darunter das Versandhaus Quelle, die Firma Metallschlägerei M. Brünn in der Badstr., die Bermas Kofferfabrik, Conrad Ammon, Großküche Most in der Rednitzstr. 21 und die PX US-Einkaufszentrum. Die Arbeitseinsätze bei den Firmen wurden öfters in der Sommerzeit unterbrochen, wenn Marianna beim Eisverkauf der Mulinis (Eltern) mithelfen musste.
Später Mithilfe in den Friseurgeschäften von Tochter Viola Schiener „Salon Viola“ (im Mulini-Anwesen in der Wasserstraße 19 - 21 und später „Salon Viola“ in der Hirschenstraße 40).


Verheiratet:

seit 1. März 1940 mit dem Schreiner Kurt Georg Heinrich Richter. Kurt Richter, geb. 28. Januar 1920 – gest. 1943 auf der Insel Krim.
Nahe Kertsch wurde er am 11.11.1943 von Artillerie-Geschoß-Splittern am rechten Arm verwundet und schaffte es nicht mehr zur Truppe zurückzukehren. Er verstarb später wohl in russischer Kriegsgefangenschaft. Unter „Fotos“ sind im Trauerportal die Kriegshandlungen und ein Teil der Nachforschungen zu Kurts Schicksal zu finden.

siehe hier: http://trauer.nordbayern.de/traueranzeige/mariannapolaamalia-richter#/fotos


Trauzeugen der Ehe von Marianna und Kurt waren der Vater von Kurt, der Möbelschreiner Georg Richter aus der Marienstr. 13, damals 56 Jahre alt und Paul Heinrich, ein Sohn aus erster Ehe von Babette Mulini. Er wohnte damals auch in der Wasserstraße 21. Ehemann Kurt erblickte mit Hilfe der Hebamme Margarete Westernacher in der elterlichen Wohnung in der Marienstraße 13 das Licht der Welt.


Die Eltern von Kurt waren Georg Richter, geb. am 23.2.1884 in Pobershau im Erzgebirge (heute südliches Sachsen) und Dorothea Anna Richter, geborene Lamperle, geboren in Fürth am 4.9.1884.
Die Eheschließung der Schwiegereltern erfolgte am 31.8.1907. Wie es der Zufall im Leben will, war es just eine weitläufige Verwandte der Schwiegermutter, ebenfalls eine Frau Lamperle, die dereinst das Geschäft der Tochter Viola in der Hirschenstraße 40, nach deren krankheitsbedingten Aufgabe, übernehmen sollte.


Verwitwet:

seit November 1943. Der Ehemann Kurt Richter geriet nach schwerer Kriegsverletzung auf der Insel Krim (Ukraine) in der Nähe des Ortes Kertsch in russische Kriegsgefangenschaft und galt seither als vermisst. Am 2. Juni 1964 wurde Kurt durch das Amtsgericht Fürth rückwirkend zum 31. Dezember 1945, 24 Uhr, für Tod erklärt. Die Schwiegereltern verloren drei ihrer insgesamt vier Söhne im 2. Weltkrieg. Nur Paul Richter überlebte die Kriegszeit.

Die Nachricht vom Tode ihres Mannes erhielt die Mariann´ von einem Soldaten, der verdreckt und abgekämpft die Aufgabe hatte, die Familien der gefallenen Kameraden zu verständigen. Der Soldat kam wohl kurz vor oder nach Kriegsende und sagte nur, dass Kurt vermisst wird und wohl gefallen oder in Kriegsgefangenschaft verstorben sei. Dann ging er. Als es der Vater Giorgio Mulini bemerkte sagte er „Mariann´, komm gib ihm Geld“. Marianne rannte dann den Soldaten hinterher, der die Wasserstraße schon in Richtung Rathaus verlassen wollte. Sie gab als Dankeschön für die Todesnachricht des geliebten Mannes Kurt, der die gerade vierjährige Tochter Viola hinterlassen hatte, Geld. Ein kleines Dankeschön als Anerkennung für den unbekannten Soldaten.



Der Freund:

Ein späterer langjähriger Partner und Freund war Hugo Gmehling.
Hugo Fritz Gmehling, geb. 18.10.1923 - 30.10.1991
Hugo war ebenfalls Schreiner und arbeitete bei der Bahn. Er war ein sehr netter, ruhiger Mann, der auch einige Finger (u.a. Daumen) durch sein Handwerk verloren hatte. Der Enkel Harald konnte sich noch erinnern, dass er, Hugo und seine Oma einen Urlaub an der Adria verbrachten (zusammen mit Mutter und Günter Stahl).


Hugo fuhr einen Roller und nahm Harald bei kleineren Touren immer mit. Hugos Familie stammte aus der Schwabacher Str. und Hugo wohnte anfangs noch dort. Irgendwann zog er dann nach Schnaittach und kam regelmäßig von Schnaittach in die Wasserstraße zu besuch.

Hugo und Marianna unternahmen via Roller und Bus des Öfteren gemeinsame Urlaubsfahrten. Eine davon führte sie über 2.000 km bis nach Venedig und über Umwege wieder zurück.

Hugo wollte Marianna heiraten, was diese jedoch ablehnte. Die Gründe der Ablehnung blieben ungeklärt.
Ein Grund könnte der Umzug 1973 in die neue Wohnung in die Flurstr. 5 gewesen sein und ein weiterer die zunehmende Erkrankung der Tochter Viola, der sich die Marianna immer mehr widmen musste.
Irgendwann, etwa um das Jahr 1973 war Hugo aus dem Leben von Mariann´ verschwunden.
Niemals mehr sollte der Name Hugo Gmehling im Hause Richter/Schiener erwähnt werden. Jahrzehnte später erfuhr man, dass Hugo Gmehling wohl in Treuchtlingen verstorben sei.


Ergänzung:

Etwa drei Wochen nachdem Mariann` verstorben war, machte sich der Enkel Harald auf die Suche nach jenem Hugo Gmehling, der etwa um das Jahr 1973 so plötzlich aus dem Leben der Familien Richter und Schiener verschwand. Harald konnte schließlich eruieren, dass Hugo Gmehling auf dem Treuchtlinger Friedhof im Urnengrab mit der Grabnummer U20 bestattet wurde. Das Grab hat aktuell noch eine Laufzeit bis 31.12.2019.

Hugo lebt zuletzt in 91757 Treuchtlingen, Rappenbergerstr. 21 und war in Weißenburg verstorben.

Hugo Gmehling hatte offenbar geheiratet und war mit Auguste Gmehling geb. 12.3.1926 verst. 27.6.2004 in Ingolstadt, verheiratet. Vermutlich brachte AUguste den Sohn Norbert Friedrich Gmehling, der in 90602 Pyrbaum, OT Rengersricht, lebt mit in die Ehe.

Hugo verstarb wohl im Krankenhaus von Weißenburg.




Kinder:

Viola Anna Marion Schiener, geborene Richter
(Hinweis: Aus einer handschriftlichen Notiz des Standesbeamten auf der Heiratsurkunde von Kurt Richter ist vermerkt, dass der Geburtsname seines Kindes Anna Viola Marion Mulini ist! Viola wurde im Oktober 1939 geboren und die Hochzeit von Marianna und Kurt erfolgt erst im März 1940).

Viola Anna Marion Schiener geb. 22. Oktober 1939 - verstorben am 21. Februar 1999
Friseurmeisterin in Fürth.

Die Tochter Viola heiratete am 29. März 1959 den Brauer Friedrich Schiener. Die Ehe wurde durch Gerichtsentscheid bereits am 14, Juli 1961 wieder geschieden. Die Trauung führte 1959 in der St.
Michaelis Kirche Stadtpfarrer Kurt Will Kurt Will durch.

Friedrich Schiener verstarb am 21. März 1998 (genau ein Jahr und einen Monat vor Viola) und wurde am Westfriedhof in Nürnberg in dem Urnengrab einer Mauer beigesetzt. Bereits nach 10 Jahren (Mindestlaufzeit) wurde von seiner zweiten Frau Ingried Schiener das Urnengrab in der Mauer aufgegeben und die Asche von Friedrich, der von allen nur Fritz gerufen wurde, wurde abseits anonym bestattet.

Viola erkrankte im Alter von etwas über 30 Jahren an Multipler Sklerose und wurde Jahrzehnte als schwerster Pflegefall in der gemeinsamen Wohnung bis zu ihrem Tode von Marianna, Günter Stahl (ihren langjährigen Lebensgefährten) und Violas Sohn Harald gepflegt.

Viola verstarb an jenem 21. Februar des Jahres 1999
in den Armen ihrer Mutter Mariann´ .
Sie erstickte beim Essen als sie von Marianna gefüttert wurde in Anwesenheit ihres Lebenspartners Günter Stahl.

Günter Stahl lernte die Viola im Jahr 1965 kennen und lieben. Die blieben bis zu Violas Tod 1999 ein Paar. Noch zwanzig Jahre später pflegt Günter, bereits weit über 80 Jahre alt, das Familiengrab der Mulinis, in dem auch Viola und ihre Mama Marianna begraben wurden.



Enkel:


Harald Fritz Schiener, geb. 3.09.1959, wurde nach der schweren Erkrankung seiner Mutter Viola von Marianna Richter großgezogen. Fast bis zum Tode von Viola wohnten alle drei noch zusammen in der Gartenstraße 26, just exakt an jener Stelle, wo einst die Anwesen der Mulinis in der Wasserstraße 19 bis 21 standen. Harald heiratete am 30. Dezember 2004 seine ehemalige Mitschülerin Christa Kerschbaum.

Der Enkel von Marianna, Harald, verbrachte an sieben Tagen in der Woche mindestens fünf Stunden täglich bei seiner Oma, um ihr das Leben nach Violas Tod in der vertrauten Umgebung ihrer Wasserstraße zu ermöglichen.
Der Blick vom Balkon in der Wasserstraße auf das Rathaus war genau der, der auch aus dem früheren elterlichen Anwesen zu sehen war.

Nach dem Ableben der Tochter Viola wurde Marianna zunehmend selbst zum Pflegefall und vom Enkel Harald in ihrer eigenen Wohnung bis zum 21. Dezember 2011 (Tag der Einweisung ins Krankenhaus) betreut und gepflegt.

Bereits in den letzten Jahren zuhause war Mariann´ zusehends dement und inkontinent geworden.



Geschwister:


Aus der Ehe der Eltern, der Mutter Babette Mulini, verw. Heinrich, geborene Stadtmüller, mit dem Italiener Giorgio Pietro Fortunato Mulini entstammen vier Kinder. Einige weitere Kinder, auch aus der ersten Ehe der Mutter mit Friedrich Heinrich, überlebten die Geburt nur wenige Monate.

Anna Ott (geb. Mulini), 28.5.1915 – 28.6.1996
„Anni“ wurde nach einer Schwester Giorgio Mulinis benannt.

Betty Schwandner (geb. Mulini), 14.1.1918 – 2.4.2007
Betty wurde nach ihrer Mutter Babette benannt.

Leopold „Leo“ Georg Mulini, 3.8.1922 - 25.7.2009
Leo war kriegsversehrt und verlor im Krieg ein Bein durch Granatsplitterverletzungen.
„Leo“ wurde nach Giorgios Vater „Leopoldo Mulini“ benannt.

Wenn man die Geschwister und Mariann´ zu Lebzeiten fragte wie denn ihr Geburtsname war, dann bekam man unisono zur Antwort „Mulini“.
Nachdem Giorgio Pietro Fortunato Mulini und Babette Heinrich aber erst 1926 heirateten und das jüngste Kind, Leopold 1922 geboren wurde, ergeben sich daraus einige Unklarheiten.

Nach dem Tod von Mariann´ wurde deren 1. Impfschein vom 15.9.1921 gefunden und daraus ergab sich, dass sie im Alter von zwei Jahren erstmals unter den Namen „Stadtmüller, Marianna Pola Amalia“ geimpft wurde.
Am 25. Januar 1927 erfolgte dann nachträglich der Eintrag auf dem Impfpass, dass das Kind durch die „nachfolgende Eheschließung seiner Eltern legitimiert ist den Familiennamen Mulini zu führen“.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass alle Kinder von Giorgio und Babette nicht mit den Nachnamen Mulini, sondern mit den Nachnamen Stadtmüller (Geburtsname von der Mutter Babette) geboren wurden.
Möglicherweise wollte Mariannas Vater, der Patriarch Giorgio Mulini, nicht, dass seine leiblichen Kinder unter dem Familiennamen des ersten Mannes (Heinrich) seiner Frau zur Welt kamen.

Offensichtlich erhielten alle vier leiblichen Kinder von Giorgio erst nach dessen Eheschließung 1926 den Nachnamen Mulini.



Halbgeschwister:


Aus erster Ehe der Mutter Babette mit Friedrich Heinrich gab es fünf weitere Halb-Geschwister.

- Gunda Heinrich (verh. Steger), Tochter Ruth, verh. Fuchs, Enkel sind Erhard und Walter Fuchs
Eine weitere Tochter war Edith Steger, verh. Hartmann.

- Frieda Heinrich (verh. Neuhäuser), Tochter Brigitte (verh. Ludwik) und Sohn Rolf. Brigittes Sohn ist Jürgen Ludwik. Rolf ist kinderlos geblieben.

- Fritz Heinrich und dessen Frau Betty. Tochter Marga, verstarb im Alter von 21 Jahren und hinterließ Enkel Klaus. Klaus wurde von Fritz und Betty adoptiert und aufgezogen.

- Ferdinand (genannt Ferdl) Heinrich mit Frau Resi
Wie nachträglich bekannt wurde ist der Kontakt von „Ferdl“ zur Familie Mulini und seinen Eltern irgendwann abgerissen. Offenbar gab es Differenzen.

- Paul (genannt Pausl) Heinrich. Paul wurde am 14. November 1909 geboren und fiel im 2. Weltkrieg am 27. Juli 1941 beim Dorf Popowka (234 Einwohner) ca. 15km vor Omsk. Paul war mit Babette Loos verheiratet, die nach der Ehe Babette Heinrich hieß. Pauls Mutter war ebenfalls eine verheiratet Babette Heinrich.
Nach dem Tod von Paul blieb Babette ehelos zurück. Aus der Ehe von Pausl mit Babette entstammten zwei Söhne. Paul starb bereits wenige Monate nach der Geburt. Ein weiterer Sohn war Max Heinrich (geb. 18.12.1932 bis 3.4.2017). Max erfuhr am Tag seines 9. Geburtstages, dass sein Vater gefallen war. Max hinterließ ebenfalls Kinder.

Details zu Max sind hier zu finden:

http://trauer.nordbayern.de/traueranzeige/max-heinrich


Von den Kindern aus erster Ehe ist bekannt, dass auch deren Kontakte zur Mutter bzw. Familie Mulini zeitlebens nie abrissen. Nur Ferdinand scheint hier eine Ausnahme gewesen zu sein.



Eltern:


Mutter: Babette Mulini geb. 15.8.1881 (2 Uhr nachts) -
verst. 16.2.1968 in der
Wasserstraße 21 in Fürth.
Getauft am 21. August 1881 und konfirmiert am
1. April 1894 in Sankt Michael.
Marianna´ s Mutter Babette Mulini gebar insgesamt 16 ´Kinder aus beiden Ehen. Viele Kinder verstarben in den ersten Lebensmonaten. Babette Mulini war eine geborene Stadtmüller und heiratete in jungen Jahren Friedrich Johann Heinrich.
Heinrich war Chef-Kellner im Lokal „Zur Krone“ in der Fürther Gustavstraße 42 und
1. Vorstand des „Fürther Gastwirtschaftspersonals“.
Friedrich Heinrich verstarb überraschend am 14. Juli 1911.



Die Geburten der Babette Mulini:

1. Hermann, Heinrich 11.11.1897 – 9.4.1898
2. Bernhardina, Heinrich 7.6.1899 – 15.7.1900
3. Ferdinand, „Ferdl“, Heinrich 4.10.1900 – ?
4. Henrietta, Heinrich, 5.5.1902 – 4.12.1903
5. Maria Friederika, Heinrich 12.5.1903 – 25.2.1904
6. Frieda, Heinrich 25.12.1904 - ? (verh. mit Fritz Neuhäuser, geb. 1.3.1900)
7. Jürgen, Friedrich „Fritz“ Karl, Heinrich
19.12.1905 - ?
8. Gretchen, Heinrich, 21.8.1907 - 15.12.1907
9. Hanne(a), Heinrich, 21.8.1907 - 26.2.1908
Gretchen und Hanne(a) waren Zwillinge
10. Kunigunda „Gunda“ Heinrich (verh. Steger),
17.10.1908 – ?
11. Johann Paul „Pausl“, Heinrich 14.11.1909 – bis 27. Juli 1941
12. Anna „Anni“, Mulini, 28.5.1915 – 28.6.1996
13. Betty, Mulini 14.1.1918 - 2.4.2007
14. Leopold, Mulini 15.6.1919 – 22.8.1919
15. Marianna Pola Amalia, Mulini
3.7.1920 - 24.3.2017
16. Leopold „Leo“, Georg Mulini
3.8.1922 – 25.7.2009


Babette Mulini wurde bis zu ihrem Tode im Jahre 1968 über viele Jahre von Ihrer Tochter Marianna gepflegt. Die Mutter verstarb dement und krank in der Wohnung ihrer Tochter Marianna, im Familienanwesen in der Wasserstraße 21 im 1. Stock.

Babette Mulinis Vater war der Metallschlägergeselle Georg Michael Stadtmüller, der in der damaligen Frankfurter Landstr. 14 in Fürth zusammen mit seiner Frau Anna Sabine Stadtmüller, geborene Bauer, wohnte. Georg Michael Stadtmüller befand sich als Handwerker auch einige Zeit auf Wanderschaft und war Tagelöhner
zur Weinlese .

Weitere Informationen zu Familie von Mariannas Mutter Babette liegen nicht vor und es wurde auch nie etwas über diese Familie berichtet.

Die Eheschließung von Mariannas Eltern Giorgio Pietro Fortunato Mulini und Babette Heinrich erfolgte am
6. April 1926. Trauzeugen waren der Zimmermann Johann Brand, 33 Jahre, und der Händler Wolfgang Hochammer, 49. Jahre.


Vater

Giorgio Pietro Fortunato Mulini
geb. 18. April 1878 in Bagni di Lucca („Bäder von Lucca“ – Italien/Toskana) um 10.15 Uhr am Platz bei der Brücke Mocco im Hause detto Luogo. - verst. 17. Juni 1951 um 9.20 Uhr im Fürther Klinikum an den Folgen eines Schlaganfalls.

Bagni di Lucca war zur damaligen Zeit der berühmteste Kurort Europas. Bereits den Römern waren die heißen Thermalquellen bekannt. Napoleons Lieblingsschwester
Pauline war Stammgast in den Kurbädern und eine weitere Schwester Napoleons war Großherzogin der Toskana und hatte dort ihre Sommerresidenz. Giorgios Vater Leopoldo (Mutter war Marianna, geb. Lucchesi) war ein angesehener Kutscher in Bagni di Lucca und es ist nicht auszuschließen, dass er oder seine Vorfahren dereinst auch die Schwestern Napoleons „kutschierten“. Daneben besuchten auch der russische Hochadel und die englische Aristokratie die berühmten Heilquellen.

Heinrich Heine schrieb in seiner Reisebeschreibung „Die Bäder von Lucca“:
„Ich habe nie ein reizenderes Tal gesehen, besonders wenn man von der Terrasse des oberen Bades, wo die ernstgrünen Zypressen stehen, ins Dorf hinabschaut. Man sieht dort die Brücke, die über einen Flüsschen führt, welches Lima heißt, und das Dorf in zwei Teile durchschneidend, an beiden Enden in mäßigen Wasserfällen, über Felsenstücke dahinstürzt und ein Geräusch hervorbringt, als wolle es die angenehmsten Dinge sagen und könne vor dem allseitig plaudernden Echo nicht zu Worte kommen“
Im Winter des Jahres 1837 / 1838 erlebte Bagni die Lucca eine Weltpremiere. Einer erlauchten Klientel wurde das moderne Roulett vorgestellt, das von dort aus seinen Siegeszug um die Welt antrat.

Die Großfamilie von Marianna Pola Amalia Richter, zu der auch die Halbgeschwister aus der ersten Ehe der
Mutter gehörten, wurde vom Vater Giorgio Pietro Fortunato Mulini patriarchalisch geführt. Giorgio
Mulini war der erste Eishersteller in Fürth. Sein Ruf als erster und einziger Eishersteller im Hinterhof seiner eigenen Häuser in der Wasserstraße 19 – 21 war legendär. Von Fürth und Nürnberg kamen die „Eishungrigen“ und erwarben das Mulini-Eis. Im Sommer führte sie ihr weg oft weiter in das Fürther Flussbad. Den „alten Fürthern“ war jener „Italiener aus der Wasserstrass“ bis ins hohe Alter ein Begriff. Noch 70 Jahre nach seinem Tod hört man die Leute vom „Italiener aus der Wasserstrass´“ erzählen.

Er erwarb 1926 die Wohnhäuser in der Wasserstraße 19 – 21, in deren Hinterhof er seit mindestens 1918 Eis herstellte und in denen die Familie viele Jahre vorher bereits wohnte. Seine Frau Babette wohnte dort bereits während der Ehe mit Friedrich Heinrich und gebar auch dort ihre Kinder. Die Häuser wurden um das Jahr 1710 erbaut und später im Juli 1974 im Wege der Altstadtsanierung abgerissen. Der letzte eingetragene Eigentümer war die Neue Heimat Bayern.

Giorgio war jener legendäre wie gleichsam charismatischer Handelsmann (so seine eigene Berufsbezeichnung), der als erster (wohl in ganz Franken) das italienische Eis im Hinterhof seiner Häuser in der Wasserstraße anbot. Er verkaufte nicht nur selbst, sondern hatte einige Unterhändler, Wiederverkäufer und Standorte. Das „Gewerbe für die Anfertigung und Verkauf“ von Speiseeis hatte er am 27. Mai 1918 beantragt und betrieb es bis zum 17.6.1951 (Todesdatum).

Der Gewerbebetrieb „Eis“ wurde von seiner Frau Babette übernommen und noch bis zum 20. Juni 1955 mit Marianna betrieben. Dann wurde das Gewerbe abgemeldet.

Eine Tradition in seiner Heimatstadt Bagni di Lucca war u.a. auch die Fertigung von Gipsfiguren, die Giorgio in seiner Werkstatt im Hinterhof seiner Häuser in der Wasserstraße herstellte. Meistens machte er Jesusfiguren am Kreuz, die er dann auch zu Kriegszeiten an die Bauern in der Fränkischen Schweiz verkaufte. Im Gegenzug bekam er von den Bauern Essen für seine Familie. Der An- und Rücktransport erfolgte zu Fuß mit
Leiterwagen nach und aus der Fränkischen Schweiz. Zu diesem Zweck nahm Giorgio immer den Sohn einer Mieterin im Haus mit. Die Mieterin war jene Regina, die von allen nur „Rechina“ genannt wurde. Ein Nachname dieser Mieterin ist nie gefallen. Ihr Sohn Hansi begleitete Giorgio immer als Helfer bei den Transporten. Die Legende sagt, dass man jenem Hansi im Dritten Reich köpfte, nachdem er beim Diebstahl erwischt wurde.
Die Gewerbeanmeldung für die gewerbliche Fertigung
von Gipsfiguren hatte Giorgio bereits drei Jahre vor der
Eisherstellung angemeldet. Die Gewerbeanmeldung für Gipsfiguren datiert vom 4. Mai 1915.

Wann genau Giorgio nach Deutschland bzw. Fürth kam ist nicht dokumentiert. Sein Urenkel, Harald Schiener, konnte jedoch in Erfahrung bringen, dass Giorgio am 31. Mai 1912 aus dem Gemeinderegister gestrichen wurde. Zur Begründung wurde eingetragen „wegen Auswanderung nach Deutschland“.
Sicher ist jedoch, dass er vorher in Berlin gelebt und gearbeitet hat. Seine Tochter Betty wusste zu berichten, dass er vorher wohl noch in anderen Städten wie Frankfurt und ggf. auch Ländern (Dänemark und Frankreich) gewesen sein soll, bevor er in Fürth sein Glück fand. Schiener brachte auch in Erfahrung, dass Giorgio am 6.2.1914 zu Babette in die Wasserstraße zog und vorher in Nürnberg gemeldet war.

Es lässt sich vermuten, dass Giorgio bereits vor seiner Abmeldung im Jahre 1912 in Deutschland war.
Ob er die Abmeldung persönlich vorgenommen hat und nochmals nach Bagni di Lucca fuhr oder ob er dazu einen Auftrag erteilt hat ist nicht mehr nachvollziehbar.

Einst zog er, noch weit vor dem ersten Weltkrieg mit zwei weiteren Freunden aus Bagni di Lucca weg. Die Grenzschließung zu Italien im Zuge des beginnenden
1. Weltkrieges verhinderte die Rückkehr nach Bagni di Lucca. Einer der Freunde wollte das Risiko doch eingehen und galt seither als vermisst.
Der zweite Freund Giorgios ließ sich in Nürnberg nieder und gründete dort eine Familie. Der Freund, sein Name war wohl Paolo Nerici, machte sich in Nürnberg selbständig mit einem Milch- und/oder Fischgeschäft. Der Kontakt zwischen den beiden Freunden blieb zeitlebens bestehen.

Giorgio Pietro Fortunato Mulini hatte noch zwei Schwestern in Italien. Eine hieß Amalia, die zweite hieß Maria Iole Mulini (geb. 28.8.1897).
Um die Häuser in der Wasserstraße zu kaufen, reiste er um das Jahr 1925 zurück nach Bagni di Lucca, um dort sein Erbe zu 2/3 Zug um Zug zu verkaufen. Die Familie Mulini besaß u.a auch Weinberge. 1/3 des Erbes stand den Schwestern zu. Giorgio setzte damals einen Verwalter für die Abwicklung seines italienischen Vermögens ein.

Mit dem Vermögen aus dem sukzessiven Verkauf seines Erbes bzw. Eigentums erwarb Mulini die Häuser Wasserstraße 19 – 21 und das vierfach Grab auf dem Fürther Friedhof. Der Marmor der Grabumrandung und des Grabsteins stammt aus der Gegend um Bagni di Lucca und wurde damals von Giorgio gekauft und nach Fürth gebracht. Noch heute gibt es diese Gesteinsart
(rötlicher Marmor) kein zweites Mal auf dem Fürther Friedhof.
Voraussichtlich handelt es sich um Carrara Marmor, ein Abbaugebiet unweit von Bagni die Lucca.
Es bestand bis zum Tode Giorgios ein loser Briefkontakt zwischen Giorgio und seinen Schwestern in Italien. Es ist anzunehmen, dass Giorgios Eltern damals bereits verstorben waren, da Giorgio nie darüber sprach und es auch keine Korrespondenz mit den Eltern gab.

Erste Besuche des Dorfes Bagni di Lucca folgten in Form von Tagesausflügen in den 70er Jahren durch die Töchter Giorgios. Ein nachhaltiger persönlicher Kontakt kam jedoch nie zustande. Es waren immer nur Aufenthalte von wenigen Stunden in Bagni di Lucca. Erst der Urenkel Mulinis, Harald Schiener, ließ durch intensive Nachforschung, die teils über dem Heiligen Stuhl / Vatikan erfolgten, die Kontakte mit den nachfolgenden Generationen der „italienischen Mulinis“ wieder aufleben.

Der Vater von Giorgio war Leopoldo Mulini, geb. 21.9.1848. Dessen Frau war „Marianna“ Mulini, geborene Lucchesi. Der Vater Giorgios hatte noch drei weitere Brüder. Paolo (geb. 29.4.1829), Giovanni und Nicodemo Mulini.
Der Großvater Giorgios war auch ein Nicodemo Mulini (geb. 20.10.1800), der mit Giulianetti Caterina
(geborene Michele) verheiratet war. Der Großvater hatte einen Bruder namens Luigi (geb. 1789)
Giorgios Urgroßvater war Fortunato Mulini, geb. 1755, der mit Anna Maria verheiratet war.

Marianna Pola Amalia Richter erhielt vom Vater also die Namen seiner Schwester Amalia und seiner Mutter Marianna. Der Bruder Leopold „Leo“ wurde nach Giorgios Vater Leopoldo benannt. Anna „Anni“ (verh. Ott) erhielt den Vornamen seiner Urgroßmutter.
Betty dürfte nach der Mutter Babette genannt worden sein.



Mariannas Lieblingsspeisen

Karpfen, Hähnchen, Suppen, Wurst, Käse, Obst. Am
liebsten alles was deftig ist. Dazu immer ein Bier, Radler und gerne mal ein Schnäpschen danach. Früher war „die Mariann´“ eine begnadete Köchin und Hausfrau. Ihre Sauer- und Rehbraten sind unerreicht.
Es gehörte zu ihrer Tugend beim Essen niemals auf das Geld zu achten und immer nur das Beste zu nehmen, was verfügbar war. Bei ausgewählten Metzgern wurde immer alles sehr sorgfältig geprüft, am liebsten noch berührt, um sich von der Qualität zu überzeugen. Es machte sie glücklich für die gesamte Familie zu kochen, groß aufzutischen. und – wie früher – die gesamte Familie und Angehörige um sich zu wissen. In dieser Eigenart spiegelte sich noch die frühere Mulini-Großfamilie wieder und war auch ein Erbe der Mutter, die ebenfalls diese „Gluckeneigenschaft“ hatte.
In ihrer Heimat, der Wasserstraße, wohnten bis zu vier Generationen unter einem Dach.



Unternehmungen

Sehr viel Freude bereiteten ihr Urlaube, die sie mit der Tochter, deren Partner Günter Stahl, Enkel Harald,
Hugo Gmehling, Angehörigen der Familie Richter, aber auch mit der Schwester Anna „Anni“ Ott am Gardasee , in Tirol (Osterurlaub auf dem Vögelsberg/Mittlerberg in der Nähe von Wattens und oftmals am Ossiacher See in Österreich ) verbrachte.
Auch Familienmitglieder der Richters (Familie des Mannes) waren in das Leben der Mariann´ eingebunden und auch mit ihnen wurden gemeinsame Urlaube verbracht.

Ihre Schwägerin Hilde Haase (geb. Richter) hatte in der Nähe von Lauf (Veldershof) einen sehr großen Garten mit Fischweiher. Dort wurden Karpfen und Schleie geangelt und gegrillt und die Sommer-Sonntage verbracht.
Sonntagausflüge in die Fränkische Schweiz nach Leutenbach, von dort aus aufs Walberla oder in den späteren Jahren nach Unterzaunsbach zur Gaststätte Meister waren für Mariann´ Pflichttermine.

Noch bis zuletzt und bereits schwer dement fragte sie im Altenheim ihren Enkel Harald „wo kennt´n wir jetzt a wenig hin gehn“. Sie wollte immer wegfahren, unterwegs sein, so wie früher. Wenn Haralds Antwort lautete, „fahrn wir ein wenig in die Fränkische“, dann zauberte ihr dies ein Lächeln ins Gesicht.



Das Leben


Marianna Pola Amalia Richter lebte mit etwa fünfzehnjähriger Unterbrechung durch die Fürther Altstadtsanierung nahezu ihr gesamtes Lebens genau an jener Stelle, an der die Häuser der Eltern in der Wasserstraße einst standen (zuletzt Eingang Gartenstr. 26 mit Balkon zur Wasserstraße).

Nachdem die Häuser in der Wasserstraße 19 – 21 im Juli 1974 der Altstadtsanierung zum Opfer fielen (die Stadt bzw. Neue Heimat hatte die Häuser damals für 160.000 Deutsche Mark Entschädigung übernommen) erfolgte der Umzug in die Flurstraße 5, 1. Stock. Die erste Übernachtung in der Flurstraße erfolgte am 27.10.1973.
Jener Umzug führte bei Marianna erstmals zu depressiven Verstimmungen, die einhergingen mit der zunehmenden Erkrankung der Tochter Viola.

Durch die fortschreitende Erkrankung der Tochter war der Umzug in eine behindertengerechte Wohnung erforderlich. Eine solche fand man dann über die WBG (König Ludwig Goldene Hochzeitstiftung) der Stadt
Fürth genau an jener Stelle, an der vorher das Elternhaus der Mulinis in der Wasserstraße stand. Die
Grundsteinlegung für jene neuen Häuser fand bereits 1975 statt.

Der Einzug bzw. Rückzug in die neue und alte Heimat erfolgte am 1. Mai 1988. Die Wohnung im Erdgeschoss, deren Eingang und Postadresse sich in der Gartenstr. 26 befand, wurde vorher behindertengerecht umgebaut und war via Rollstuhl zugänglich.

Mit Einzug in die neue und gleichzeitig alte Heimat im Jahr 1988 war es still um Marianna geworden.
Die Großfamilie war längst in den Annalen der Geschichte verschwunden. Nur Günter Stahl und Enkel Harald, der noch lange in der Wohnung lebte, waren ständige Wegbegleiter, die bei der Pflege der Tochter Viola halfen.

Nachdem Tochter Viola 1999 verstorben war ermöglichten es nur die täglichen Besuche und die Pflege von Enkel Harald, dass die Marianna noch viele Jahre in ihrer geliebten Wasserstraße verbringen konnte. Beide verbrachten an sieben Tagen in der Woche etwa fünf Stunden täglich zusammen.

Um die Einsamkeit nach Violas Tod etwas erträglicher zu machen schenkte ihr der Enkel am 24.6.2002 die kleine Siamkatze Aurelia (geb. 9.5.2002). Alsbald bekam Aurelia aber von Marianna eine Umbenennung.
In Anlehnung an eine frühere Katze, die die Familie Mulini zu Nachkriegszeiten hatte, nannte Mariann´ ihre Katze fortan nur noch „Bazi“.

„Bazi“ schlief im Bett neben ihr, folgte ihr auf Schritt und Tritt und war ihr ein und alles in der Einsamkeit der Wasserstraße. In den Sommermonaten genossen sie
die warmen Sommertage gemeinsamem auf dem Balkon und blickten zusammen auf die vorbeifahrenden Autos in der Wasserstraße. Nachdem Enkel Harald Mariann´ s Vater Giorgio aus Pappe in Lebensgröße anfertigen ließ, stand dieser viele Jahre als Beschützer auf dem Balkon zur Wasserstraße und ließ seinen gestrengen Blick auf Mariann und ihrem „Bazi“ fallen.
Im Altenheim wurden später alle Besucher, Bewohner und Angestellte als „Bazi“ tituliert, was Marianna wohl selbst als liebevollen Kosenamen empfand.


An den Weihnachtstagen des Jahres 2011 (21.12.2011) musste Marianna aufgrund einer schweren Blasenentzündung ins Fürther Krankenhaus gebracht werden. Es stand aufgrund der fortgeschrittenen senilen Demenz und ihres allgemein schlechten Gesundheitszustandes bald fest, dass sie nicht mehr in ihre geliebte Wohnung zurück konnte.

Der Auszug aus der Wasserstraße war damit beschlossen.

Zum 31.3.2012 wurde die Wohnung (Gartenstraße 26) aufgegeben. Durch Vermittlung des Sozialdienstes des Klinikums erfolgte am 29.12.2011 eine Einweisung in das Käthe-Löwenthal-Wohnstift der AWO Fürth in Fürth / Burgfarrnbach.
Marianna und ihre Tochter Viola hatten sich vorsorglich bereits vor Jahrzehnten bei der AWO vormerken lassen und waren beide viele Jahrzehnte Mitglied der Fürther AWO.

Aufgrund der weiter zunehmenden Demenz und von Verhaltensstörungen erfolgte am 6. Juni 2012 die Verlegung in das Demenzzentrum des nahen Fritz-Rupprecht-Heim der AWO.

Die wunderbare Pflege im Demenzzentrum, deren Personal auf verhaltensgestörte, alte Menschen mit all ihren Eigenheiten vorbereitet und ausgebildet war, ermöglichte Mariann noch fast fünf weitere Lebensjahre in einer behüteten Atmosphäre.

Was Marianna Pola Amalia niemals verlor, war ihr ganz eigener Kopf. Durch ihre Lebensaufgabe, die Pflege ihrer Mutter Babette, der Tochter Viola und die Erziehung des Enkels Harald war sie physisch und psychisch gefordert und lernte durch die Aufgaben, die das Leben für sie vorgesehen hatte, ihren eigenen Willen und ihre eigenen Vorstellungen durchzusetzen.

Sie war auch im Demenzzentrum ein Unikat. Die Zeit im beschützten Bereich des Demenzzentrums verbrachte sie im Rollstuhl, war allerdings immer mobil und im Rollstuhl immer unterwegs. Anfangs war sie auch in der Lage den Rollstuhl durch eigene Kraft zu verlassen und an den ihr genehmen Orten (Sofa), meist dort, wo schon unmittelbar daneben jemand platzgenommen hatte, zu verweilen.

Durch eine ständige Unruhe und Angstzustände getrieben war sie kaum dazu zu bewegen sich längere Zeit an einem Ort aufzuhalten. Auch beim Essen suchte sie immer wieder das Weite. Beim Nachmittagskaffee kam es oft dazu, dass sie einen Schluck nahm, sich wieder aufmachte andere Bereiche des Demenzzentrums zu erkunden und dann doch wieder zurückkehrte und sah wie den anderen Bewohnern Kaffee und Kuchen schmeckte. Kurzerhand „stibitzte“ sie dann bei den Mitbewohnern, die nicht mehr so mobil waren und sich nicht dagegen wehren konnten, deren Kuchen und verspeiste den genüsslich. Wie das Pflegepersonal zu berichten wusste, kam sie auf diese Weise nicht selten zu drei Stück Kuchen an den Nachmittagen.

Auch die Eigenart der perfekten, ordnungsliebenden Hausfrau konnte sie nie ganz ablegen.
So befand sie auch im Demenzzentrum, dass dort Ordnung zu halten sei. Wurden Stühle nicht wieder ordentlich zu den Tischen zurückgestellt und sie fuhr zufällig im Rollstuhl dort vorbei, dann wurde der Stuhl von ihr unter quietschenden Geräuschen und in mehreren Anläufen wieder zurück geschoben, was oft den Unmut der Mitbewohner hervorrief.

Ebenso verhielt es sich nach oder vor dem Essen, wenn Esslätzchen der Bewohner herumlagen. Die wurden eingesammelt, ordentlich gefaltet, im Rollstuhl mit herumgefahren und dann an vollkommen unpassenden Orten abgelegt.

Ausreden konnte man das der Mariann ´nicht.

Ihren eigenen Kopf und Willen behielt sie stets.
Wenn sie etwas machen sollte, was ihr gerade nicht passend erschien, dann folgten oft heftige, klar und deutlich ausgesprochene Schimpftiraden (siehe „Erinnerungen“ im Trauerportal). Zu einer sehr schlanken Pflegekraft, die sie einmal wegen einer erforderlichen Rollstuhlsäuberung früher ins Bett bringen wollte, sagte sie „hau blos ab Du Oarschluch, Du Hobagoas, Du bläida“.

Eine ihrer Eigenarten war auch, dass sie mit Rollstuhl immer dorthin fahren musste, wo und wie es ihr gerade durch den Kopf ging.
Im Speisesaal fuhr sie kreuz und quer und stand jemand im Weg, wurde der ziemlich unsanft zur Seite geschoben. Saßen Bewohner auf Stühlen im Weg wurde an den Stühlen so lange geschoben und gezerrt, bis die darauf sitzenden Bewohner entweder freiwillig die „durchfahrt“ räumten oder das Pflegepersonal eingreifen musste, um eine Eskalation zu verhindern.

Aus dem Käthe-Löwenthal-Wohnstift ist überliefert, dass die Mariann´ einer Pflegekraft eine nicht mehr ganz saubere Windel ins Gesicht geschleudert haben soll.
Die Pflegekraft galt fortan nicht nur als geadelt, sondern sogar als geodelt.

Im Demenzzentrum des Fritz-Rupprecht-Heims galt
Marianna als Unikat, die wie viele der Bewohner dort ihre ganz eigene Krankheitsform auslebte. Eine besondere Zuneigung entwickelte sie zu Fritz Träg, ein ehemaliger Schulfreund der Tochter Viola und zu Doris Sutara, der Lehrerin des Enkels Harald, der just in deren Klasse seine spätere Frau Christa kennen- und lieben lernte.

Der Umgang der Bewohner und des Personals mit Mariann´ im Demenzzentrum war herzlich, wenn auch nicht immer ganz einfach. Mariann´ bekam spätestens jeden zweiten Tag Besuch von Enkel Harald, der nie kam, ohne ein kleines Geschenk in Form von Obst, Pralinen, Hamburger aus dem McDonald´s, Kuchen oder Eis mitzubringen. Sehr empfänglich war sie schon aus der Tradition heraus für das Eis.

Jeden Abend erhielt die Mariann´ zudem eine Sonderration Essen und ein Schnäpschen bzw. einen Likör von Harald aufs Zimmer gestellt. Hungrig ging sie nie zu Bett. Das Pflegepersonal nutzte oft das Schnäpschen, um die eigenwillige Mariann´ ins Bett zu bringen als Belohnung oder um ihr die Tabletteneinnahme schmackhaft zu machen. Es hieß dann immer „schau mal Marianne, hier hast Du ein Schnäpschen“. Dabei handelte es sich um die in Wasser aufgelösten Tabletten, die die Mariann´ anders nicht genommen hätte.

Im Demenzzentrum des Fritz-Rupprecht-Heims lebte die Mariann´ - nur unterbrochen von kurzfristigen Krankenhausaufenthalten – wohlbehütet und umsorgt bis zu Ihrem Tod am Freitag, dem 24. März des Jahres 2017 zwischen 6.45 und 7.45 Uhr.

Geschenk Am 26.03.2022 von HArald angelegt.
Geschenk Am 03.07.2019 von Harald Schiener angelegt.
Geschenk Am 24.03.2019 von Harald angelegt.
Geschenk Am 25.03.2018 von Harald angelegt.
Geschenk Am 31.12.2017 von Gedenkseiten.de angelegt.
Geschenk platzierenKlicken Sie mit der linken Maustaste auf ein leeres Feld um an dieser Stelle ein Geschenk zu platzieren.
Geschenk platzierenKlicken Sie mit der linken Maustaste auf ein leeres Feld um an dieser Stelle ein Geschenk zu platzieren.
Geschenk platzierenKlicken Sie mit der linken Maustaste auf ein leeres Feld um an dieser Stelle ein Geschenk zu platzieren.
Geschenke anzeigen
Geschenk wählen
Wählen Sie ein Geschenk

Mit einem Geschenk hinterlassen Sie Ihr persönliches Zeichen in Gedenken an Marianna Pola Amalia Richter. Veredeln Sie jetzt für 2,99 Euro diese Gedenkseite durch ein Geschenk in Ihrem Namen.