Helmut Siefert

Helmut
Siefert

26.02.1940
Bellingen
-
24.07.2005
Bad Ems

Stimmungsbild-Helmut-Siefert-4

Diese Seite widme ich meinem verstorbenen Vater, der gefangen war im eigenen Leben.
Doch auch für mich wird diese Gedenkseite einen bestimmten Zweck erfüllen.
Jeder Mensch besitzt seine ureigenste Art, wie er seine Erlebnisse am besten verarbeiten kann.
Vielleicht hilft diese Seite sogar jenen Menschen, die ebenfalls schlimme Erlebnisse hatten und noch immer damit beschäftigt sind, auf all ihre Fragen eine Antwort zu bekommen?!?
Selbst wenn mein Vater nicht mehr lebt, so bin ich fest davon überzeugt, dass er auch von dort oben meine Nachricht an ihn hört, was ich ihm eigentlich noch vor seinem Tod mitteilen wollte....

Mein Name ist Petra, zuhause wurde ich meist aber "Peter" gerufen.
Den Namen habe ich meiner zwei Jahre ältere Schwester zu verdanken, die sich wohl ein Brüderchen mit diesem Namen gewünscht haben soll.
Ich wuchs mit drei weiteren Geschwistern unter den damaligen Lebensbedingungen auf, welche für Jugendliche von Heute kaum vorstellbar ist.
Geschenke gab es eben nur zu besonderen Anlässen und selbst da fielen sie nicht üppig aus.
Man war damals schon zufrieden, wenn man sich von den Finanzen Miete, Lebensmittel und Bekleidung leisten konnte.
Wenn man da als Kind 50 Pfennig für ein Eis bekam, war das schon etwas ganz Besonderes.
Doch wie ist das heute?
Heute ist so ein kleines Eis leider nichts Besonderes mehr...es müssen da schon Sachen wie ein teures Handy her.
Hätte ich damals eines dieser teuren Smartphones besessen so wie es heute die meisten Jugendlichen besitzen, so hätte ich es liebend gerne eingetauscht.
Eingetauscht dafür, von der eigenen Mutter geliebt zu werden!
Ich kann Eltern wirklich nur ans Herz legen, ihren Kindern Wärme und Geborgenheit zu schenken und sie immer wieder spüren zu lassen, geliebt und gebraucht zu werden.
So ein teures Handy oder Laptop wird dies nicht können!!!

Aber damit genug...weiter im Text.

Meine ersten Suizidgedanken bekam ich im Alter von 12 Jahren.
Da der Tod aber etwas Entgültiges ist, verdrängte ich diese Gedanken.
Aufgrund meiner "Erlebnisse" betete ich und flüsterte Gott zu, mir doch zu helfen, da die Angst vor meiner eigenen Mutter immer größer wurde.
Doch meine Gebete wurden nicht erhört, so dass ich mich immer wieder mit dem Gedanken tröstete, dass Gott jetzt nur nicht bei mir sein kann, weil er gerade anderen Menschen hilft.
Und immer wenn es mir schlecht ging, betete ich.
Oft schimpfte ich auch mit Gott und stellte ihm die Frage, was ich ihm getan hätte, das er immer noch nicht bei mir ist...

Einige Jahre später, im Alter von 23 Jahren und mein erstes Kind gerade 4 Monate alt, bekam ich erneut diese Angstzustände.
Ich spürte plötzlich, wie mein Herzschlag aus dem Rhythmus geriet.
Nachdem ich einen Kardiologen konsultierte und gründlich untersucht wurde, stellte man viele Extrasystolen fest, welche man auch als "Herzstolpern" bezeichnet.
Man erklärte mir, dass mein Herz organisch gesund sei und dieses fiese Herzstolpern vermutlich psychosomatischen Ursprungs sei.
Meine Ängste und Depressionen nahmen in einem solchen Ausmaß zu...und plötzlich waren sie wieder da, diese Suizidgedanken!
Kardiologisch konnte man immer noch nichts für mich machen, ich solle einen Facharzt aufsuchen.
Nach einer Blutuntersuchung erhielt ich den Zufallsbefund, an einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse zu leiden, die sich Thyreoiditis Hashimoto nennt.

Da diese Zustände immer unerträglicher wurden und ich nur noch ein weinendes Häufchen Elend war, erwähnte ich meiner Mutter gegenüber, lieber tot zu sein als diesen Zustand länger zu ertragen.
Doch ich musste mir sofort Vorwürfe anhören wie: "Du bringst mit deiner Heulerei die ganze Familie durcheinander, reiss dich endlich mal zusammen, in deinem Alter stand ich auch nur alleine mit euch da!
Gut, diese Selbstmordgedanken spukten immer öfter in meinem Kopf und ich überlegte mir sogar, welche Methode denn wohl die schnellste wäre....
Doch da war auch meine kleine Tochter, die mich doch noch brauchte.
Irgendwann dann saß ich in meiner Verzweiflung bei einem "Seelenklempner".
Mir wurden dort viele Fragen gestellt...und durch diese ganze Fragerei wurde innerhalb kürzester Zeit mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt.
Doch plötzlich brach ich mein Schweigen und ich berichtete dem Arzt, was mich schon lange Zeit so sehr bedrückt und einfach nicht zur Ruhe kommen lässt.
Noch in meinem Beisein telefonierte der Arzt, welche Klinik denn kurzfristig noch einen Platz für mich hätte.
Bereits am darauffolgenden Tag befand ich mich in einer Klinik...

Nach nur dreiwöchigen Aufenthalt verließ ich diese Klinik auf eigenen Wunsch hin, weil meine Sehnsucht nach meiner Tochter einfach zu groß war und man mich dort nur mit Medikamenten "ruhigstellte".
Im Nachhinein betrachtet hat mir dieser kurze Klinikaufenthalt zwar nicht sonderlich geholfen, doch bin ich Herrn Dr. Erich Krausbeck für seine damalige, schnelle Hilfe heute noch sehr dankbar.
Ich begann eine "ambulante Therapie", befand mich von nun an regelmäßig bei Dr. Petzold (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie).
Ich führte Gespräche mit ihm, bekam dort in regelmäßigen Abständen Medikamente gespritzt.
Meine Mutter erkundigte sich bei mir, wozu mir der Arzt denn jetzt so rät.
Ich erzählte ihr, dass man mir viele Fragen gestellt habe, wie ich mich als junge Mutter fühlen würde und was ich so empfände, ob ich auch Familie und Freunde besäße, ob ich als Kind glücklich war und über meine Schulzeit...und, und und....
Und meine Kindheit betreffend....ja, der Arzt der Überzeugung wäre, das meine Ängste, Depressionen und Suizidgedanken schon längere Zeit tief in mir sitzen würden.
Ich diese Probleme wohl ständig nur verdrängt habe und jetzt alles wohl zum Vorschein käme....
Daraufhin schrie mich meine Mutter nur noch an: "Jaaa, wir wissen doch das du eine schlimme Kindheit hattest, hänge es doch ans schwarze Brett"
Mit dieser Reaktion bestätigte sie mir ihre Grausamkeit nur noch umso mehr...
So reagiert doch nur ein Mensch, der voll mit Hass ist und den das schlecht Gewissen plagt!

Doch nun zu meinem Vater, dem ich noch so vieles sagen wollte...
Mein Vater wurde am 26. Februar 1940 in Bellingen (Westerwald) geboren und verstarb nach langer Erkrankung im Alter von 65 Jahren.
Während seines letzten Klinikaufenthalt wusste er insgeheim, dass “seine Zeit“ nun gekommen war.
Seine Angst vor diesem neuen Schritt in eine andere Welt war unheimlich groß.
Mein Vater war herzkrank und seine Lunge voll mit Wasser - laut Aussage der Ärzte durch Alkoholmissbrauch...
Als ich ihn in der Klinik besuchte, versuchte ich ihn damit zu trösten, ganz bestimmt bald wieder entlassen zu werden.
Doch er schaute mich nur traurig an und das mit einem Blick, den ich niemals vergessen werde....
Seine schreckliche Angst vor dem Tod sah man deutlich in seinen Augen.
Er antwortete mir: "Nein Peter, jetzt haben sie mich am A..., denn hier komme ich nicht mehr lebend raus."
Mein Vater war ganz einfach noch nicht bereit, er wollte doch leben!
Zwar waren seine Sorgen unnötig, da er wieder entlassen wurde, doch von Woche zu Woche verschlechterte sich sein Gesundheitszustand...
Erneut musste er in die Klinik eingewiesen werden und lag auf Intensivstation.
Dort hatte man ihn in ein künstliches Koma versetzt, um seine kranken Organe so zu entlasten....
In diesem Zustand kämpfte er einige Tage....

"Doch oftmals ist der Tod dann nur noch Erlösung.
Befreit von all dem Schmerz und diesen ganzen Qualen, die einem das Leben hier auf Erden nicht mehr liebenswert gestalten.
Die Arme Gottes erwarten dich bereits, du wirst niemals wieder irgendwelchem Leid begegnen.
Nun endlich bist du frei und fühlst dich so unbeschwert...
Und wann immer du kannst, blickst du herab auf deine Lieben und freust dich auf ein baldiges Wiedersehen....

Was ich dir schon immer sagen wollte, doch durch deinen Tod nicht mehr konnte:

Hallo Papa,
und noch immer habe ich vieles nicht vergessen können, da es manchmal Situationen gibt, die mich wieder zurückblicken lassen.
Etwas zu verzeihen ist durchaus möglich, doch etwas vergessen zu können fällt mir sehr schwer.
Auch wenn ich mir heute auf das "Warum und Wieso" viele Antworten selbst geben kann, sind mir noch viele Dinge ein Rätsel und sie tun weh....
Ich gebe zu, ziemlich feige und auch gehemmt gewesen zu sein, habe mich daher auch nie getraut, dir einfach mal meine Gedanken mitzuteilen.
Weißt du eigentlich, wie sehr ich mir Eltern gewünscht hätte, die mich einfach nur in den Arm nehmen, wenn ich mal traurig war.
Das Gefühl von Liebe und Geborgenheit muss für ein Kind doch etwas Schönes sein?!?
Mir hätte da schon ein klitzekleines nettes Wort ausgereicht, wenn ich irgendetwas gut gemacht habe.
An ein "Ich hab dich lieb" kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern!!
All das habe ich irgendwann bei meiner großen Schwester gesucht, was ihr damals sicherlich nicht bewusst war.
Vermutlich musste sie sich auch selbst irgendwie schützen, denn Kinderseelen sind zerbrechlich.

Selbst wenn mein Herz oft traurig war, es hatte immer einen Platz für dich!
Es war nicht immer alles schlecht, ich möchte dass du das weißt.
Du, es tut mir wirklich unendlich leid, dass du nicht die Kraft hattest...das du deine Probleme in Alkohol ertränken musstest.
Ertränken...dieses eine Wort weckt auch heute noch schreckliche Erinnerungen in mir!!!
Weißt du eigentlich, wie es sich für ein Kind anfühlt, welches im Badewasser sitzend von der eigenen Mutter mehrfach seinen Kopf unter Wasser gedrückt bekommt???
Dieses Kind in schlimme Panik gerät, da gerade in Panik die Luft unter Wasser schneller knapp wird???
Und diese Mutter dann mehrmals mit ihren Fäusten auf den Kopf des Kindes einschlägt, und während sie das tut, "Du elende Mistgeburt" schreit???
Nein, ich denke das kannst du nicht wissen, da du eine glückliche Kindheit haben durftest!
Wusstest du eigentlich, dass ich an jenem Tag meine über alles geliebte Barbiepuppe begann zu hassen, als man mir mit deren stabilen Gummibeine die Nase derart blutig schlug???
Du kamst gerade von der Arbeit, als du mich weinend mit blutigem T-Shirt im Kinderzimmer vorgefunden hattest.
Und nachdem ich dir erzählte, wer mir das angetan hatte, wurde Mutter von dir heftig zusammen geschriehen.
Aber meinst du wirklich, damit hättest du mir geholfen???
Nein, das hast du nicht, denn sobald du nicht in meiner Nähe warst und sie wieder einen Anlass fand, durfte ich immer wieder spüren, nicht geliebt zu werden!!!
Das war eben mein Preis dafür, dass ich trotz deiner brutalen Ausbrüche ihr gegenüber immer zu dir hielt....
Dafür hat sie mich schrecklich gehasst, stimmts?

Ich weiß, dass du an dieser Situation gerne etwas geändert hättest, doch dieser Alkohol nahm dir deinen Willen.
Und genau deswegen habe ich über viele deiner Fehler hinweg gesehen.
Schließlich habe ich schon als Kind erkennen können, dass dich dieser Alkohol so sehr veränderte.
Bereits im Alter von 10 Jahren dachte ich, wer solche Unmengen an Alkohol trinkt, der muss doch großen Kummer haben?!?
Natürlich darf der Alkohol keine Entschuldigung dafür sein, wie grausam du früher gegenüber Mutter warst.
Damit wurde mir wurde schon als Kind verdeutlicht, dass die Alkoholsucht eine schreckliche Erkrankung ist.
Wenn ich heute so darüber nachdenke, hat man dir diesbezüglich doch nie Hilfe angeboten oder nahegelegt, über einen Entzug nachzudenken...

Irgendwann habe ich damit begonnen, dich ebenfalls als Opfer zu betrachten.
Ich hatte Mitleid mit dir und hätte dir auch gerne aus dieser Situation geholfen.
Doch wie soll ein Kind (später Jugendliche) ihrem Vater bloß beibringen, die Finger von Alkohol zu lassen?
Ich befürchte dass es dafür vielleicht auch schon viel zu spät war?!?

Dann dieser schreckliche Sommer 2005 als ich dich da in der Klinik habe liegen sehen und dir auch hier nicht helfen konnte.
Gott, was hätte ich da am liebsten meinen ganzen Schmerz herausgeschriehen.
Und nachdem ich dann realisieren musste, dass du dich jetzt auf eine andere Reise begibst, stürzte erneut diese Welt hier für mich ein....
Da gingst du einfach ganz still und leise fort, obwohl ich dir noch so vieles sagen wollte...

Doch...oftmals ist der Tod dann nur noch Erlösung.
Befreit von all dem Schmerz und diesen ganzen Qualen, die einem das Leben hier auf Erden nicht mehr liebenswert gestalten.
Die Arme Gottes erwarten dich bereits, du wirst niemals wieder irgendwelchem Leid begegnen.
Nun endlich bist du frei und fühlst dich so unbeschwert...
Und wann immer du kannst, blickst du herab auf deine Lieben und freust dich auf ein baldiges Wiedersehen....

Ich hoffe du hast deinen Seelenfrieden gefunden und passt von dort oben jetzt auf mich auf?
Wenn es nach dem Tod wirklich ein Wiedersehen geben sollte, bekomme ich spätestens dann auf meine vielen Fragen eine Antwort?!?

Dein "Peter"

Geschenk Am 25.08.2016 von Oliver Schmid angelegt.
Geschenk Am 13.12.2015 von Oliver Schmid angelegt.
Geschenk Am 03.08.2015 von Petra angelegt.
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