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von Ulrike Krum am 29.04.2020 - 11:41 Uhr | melden
du warst seit meiner Kindheit nach meinen Eltern und meiner Schwester mit Abstand meine engste Bezugsperson aus der Familie, und das bis heute. Dies hat bestimmt damit zu tun, dass wir circa neun Jahre in einem Haus gewohnt haben.
Ich habe die gemeinsamen Mittagessen bei dir jeden Sonntag bis auf wenige Ausnahmen in sehr positiver Erinnerung, du warst eine wunderbarvolle Gastgeberin. Und auch sonst habe ich mich bei dir immer sehr wohl gefühlt. Manchmal wenn meine Eltern abends beide nicht zu Hause waren, bin ich zu dir gegangen. Du saßest dann auf deinem Sofa und schautest einen Krimi im Fernsehen (DER ALTE oder EIN FALL FÜR ZWEI) und legtest dabei Patiencen. Ich fand das sehr gemütlich und durfte mich zu dir setzen. Heutzutage spiele ich Solitaire regelmäßig (ehrlich gesagt, viel zu oft) nicht wie du mit Karten, sondern per App auf dem Handy …
Auch das Doppelkopf-Spielen hast du mir beigebracht. Bei den regelmäßigen Familienfeiern saß ich am liebsten neben dir und lernte von dir. Über die Jahre haben wir immer wieder gemeinsam gespielt, teilweise bis tief in die Nacht, und hatten sehr viel Spaß. Ich fand es total schön, wie offen, herzlich und interessiert du dabei meinem Freundeskreis begegnet bist. Als wir beide zum letzten Mal gesehen haben, Anfang Februar, haben wir über einen Doppelkopf-Abend bei meinem nächsten Berlin-Besuch gesprochen, der aus Corona-Gründen leider ausfiel.
Ich habe dir einen sehr wichtigen Impuls für mein Leben zu verdanken: Nach einer für mich anstrengenden Zeit wollten wir Mitte der 90er-Jahre gemeinsam in den Urlaub fahren, Hauptsache Meer, irgendeine Pauschalreise halt. Du bestandest darauf, dass wir nach Griechland fuhren. Trotz humanistischem Gymnasium war ich nie dort gewesen – wahrscheinlich nicht trotz, sondern deswegen. Aber noch während des Landeanflugs auf die Insel Lesvos packte es mich und ich entdeckte in diesem unvergesslichen Urlaub meine starke Beziehung zu Griechenland, die mein Leben entscheidend geprägt und verändert hat. Dafür bin ich dir sehr, sehr dankbar.
Ich habe dich immer als sehr humorvollen, liebevollen, warmherzigen und lebensfrohen Menschen erlebt, alles Qualitäten, die in den Familien Krum und Heilmann meiner Meinung nach nicht gerade im Übermaß vertreten sind. Als ich mit Anfang Zwanzig in einer ziemlichen Krise steckte, fühlte ich mich sehr von dir unterstützt und ermutigt. Auch sonst waren unsere Begegnungen und Gespräche nie oberflächlich oder von Smalltalk bestimmt, sondern ich fühlte ein wirkliches Interesse und Anteilnahme an meiner Person und erlebte vor allem auch viel Inspiration durch dich, zum Beispiel bei Büchern oder Kinofilmen. Wir hatten durchaus ähnliche Interessen, was ich sehr schön fand. Seit der Nachricht von deinem Tod fallen mir immer mal wieder weitere Gemeinsamkeiten und Schnittmengen auf – über einige Themen würde ich mich noch wahnsinnig gerne mit dir austauschen.
Seit ich dich regelmäßig mit meinen Kindern erlebt habe, ist mir deine liebevolle und gleichzeitig humorvolle Art im Umgang mit Kindern noch stärker aufgefallen als in meiner eigenen Kindheit, außerdem eine neugierige, kindlich-verschmitzte, verspielte, begeisterungsfähige, ja freche Seite, die ich sehr mochte. Es war so schön, dich zu besuchen, lecker zu essen und dann gemeinsam mit Sophia und Melina zu spielen: mit Kuscheltieren, für die du sehr kreative Kleidung genäht hattest, Puzzles, Holzhäuser bauen, verkleiden – aber das Highlight war jedes Mal das Elchverstecken. Das haben wir sogar noch bei unserem letzten Besuch vor Kurzem gespielt, weil Melina darauf bestand …
Ich danke dir sehr für alles, ich vermisse dich,
Ulrike
