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Ein Leben für ihre Familie
Meine Mutter, für die ich hier ein viel zu kleines Denkmal setzen möchte, war eine Frau der Taten. Sie arbeitete gern dafür, dass es ihren Nächsten gut geht und war diejenige, die für familiären Zusammenhalt, gegen Streit und Familienklatsch auftrat. Egoismus und Unehrlichkeit waren ihr ebenso fremd wie für eine Ideologie einzutreten oder an ein imaginäres höheres Wesen zu glauben. Sie vertraute immer zuerst sich selbst und ihrer Schaffenskraft - ein klein wenig an den Beistand ihrer Nächsten glaubend, ohne diesen je einzufordern. Sie blieb ihr Leben lang eine, die mit Leidenschaft für Gerechtigkeit eintrat, Wahrheiten oft zurecht beim Namen nannte und sich nicht dem Trott der Mitläufer anpasste. Sie handelte, wo andere redeten oder tuschelten.
Irmgard Haferkorn wurde am 4.4.1925 als dritte von sechs Töchtern einer Knauthainer Arbeiterfamilie geboren. Nach acht Schuljahren, mit guten Leistungen beendet, war sie bis Ende 1945 in der Hauswirtschaftslehre, zuerst in Engelsdorf, später beim Bäcker Otto Schumann in der Leipzig-Knautkleeberger Seumestr.79. Das bedeutete Brot und Überleben der Familie während des zweiten Weltkrieges und der Gefangenschaft des Vaters. Im November 1944 starb mit der älteren Schwester Ursula ihre nächste Bezugsperson in der Familie.
Am 10.6.1948 begegnete sie am Knauthainer Stausee ihrem Heinz, zog noch 1948 zu ihm und seinen Eltern nach Leipzig-Lindenau und lebte mit ihm zunächst über 9 Jahre in einem 10 qm großen Zimmer.
Von 1946 bis September 1953 war sie Druckereihelferin u.a. bei Carl Marquart, Dr. Karl Meyer und J.Bohn & Sohn in Leipzig. 1952 trat sie aus der SED, deren Mitglied sie aus Überzeugung geworden war, wieder aus - wie sie immer sagte: aus Überzeugung.
Ab September 1953 war sie Zuschneiderin in der Leipziger Lederbranche bei A.verw.Pilz.
Am 6.2.1957 wurde ihr einziges Kind Heinz geboren und da schon 1955 der Schwiegervater Rudolf Gäbler an Tuberkulose gestorben war, tauschten Irmgard & Heinz & Heinz ihr Zimmer mit den zwei etwas größeren Räumen der Schwiegermutter Margarete. Eine Fehlgeburt 1961 und ihre in den 60er Jahren regelmäßig wiederkehrende Wundrose überstand Irmgard gut.
Das Verhältnis zu ihren Eltern war eher pflichtgemäß als herzlich. Irmgards Mutter Charlotte starb 1965 in Leipzig-Großzschocher plötzlich an Herzversagen und ihr Vater Gustav 1974 in Bad Elster infolge eines Schlaganfalles, nachdem er mit seiner zweiten Frau Ruth Stiller geb. Lamm (1921-1982 / "die Färßsche" - für den Nichtsachsen: das ist ein Pfirsich und hat was mit der Erscheinung der Dame zu tun: rosa Haut, rund und für den Gustav fast ein wenig zu gesund) ins vogtländische Saalig gezogen war. Die Schwiegermutter Margarete lebte noch bis 1973 in der gemeinsamen Wohnung und zog dann ins Feierabendheim Miltitz bzw. ins heutige DRK-Alten- und Pflegeheim Leipzig-Grünau, wo sie 1985 noch ihren 92. Geburtstag feierte.
1965 war Irmgards Arbeitsstelle aufgrund staatlicher Maßnahmen zur PGH Koffer- und Lederwaren geworden. Sie beendete ihre überaus erfolgreiche und anerkannte Arbeit dort Ende 1969 einmal mehr aus einer Erkenntnis heraus: sie wollte die Heuchelei und Falschheit einzelner Kollegen nicht mehr tolerieren.
Im April 1970 begann Irmgard ihre neue Tätigkeit als Büglerin und später als Textilreinigungsfacharbeiterin bei der PGH Deutsch-Sowjetische Freundschaft Gebrauchsgüter und Dienstleistungen, wo sie bis zum Erreichen des Rentenalters von 60 Jahren arbeitete. Mit 48 bekam sie dort ihren ersten Facharbeiterbrief.
Noch 1970 führte Irmgards erster Auslandsaufenthalt mit dem Arbeitskollektiv, aus dem Kultur- und Sozialfonds der PGH bezahlt, drei Tage nach Prag.
Der erste richtige Familienurlaub, also nicht nur Fahrradausflüge nach Köttichau, in den Garten einer ihrer Schwestern, zum Bienitz und eintägige Bahntouren nach Grimma oder Halle, fand erst 1977 in Glowe auf Rügen statt. 1979 ging´s noch mal nach Glowe und 1980 zum letzten Mal gemeinsam mit Partner und Sohn nach Kirchdorf auf Poel.
1978 starb die älteste Schwester Helvetia Zorn kurz nach deren 56.Geburtstag.
1982 hatte Irmgards Partner den ersten Herzinfarkt, ging in Invalidenrente und gab sich fortan so kränklich, dass an größere gemeinsame Unternehmungen nicht mehr zu denken war.
1986 fuhr sie mit Nichte Gabi 14 Tage ans bulgarische Schwarze Meer. Irmgard schaffte sich dann einen Garten an, um etwas in der Natur sein zu können und Abwechslung zu haben - sie sagte immer, sie bräuchte Ausarbeitung. So entstand aus Äpfeln, Kirschen und allerlei Beeren, per Fahrrad oder im Handwagen nach Hause befördert, schnell mal ein halber Keller voll Saftflaschen - leckeres Zeug.
Mit dem Gartennachbar Werner Gottschalk (1941-2001), gleichzeitig Ex einer anderen Nichte, hatte sie zu jener Zeit einige schöne Stunden zu zweit, ohne jemals auch nur daran zu denken, ihren Partner Heinz zu verlassen. Und oft genug ging sie mit Sohn Heinz und dessen Freund ins Theater, auf Tagestouren, einfach nur spazieren oder sie trafen sich zu abendlichen Gesellschaftsspielen bei einem Fläschchen Wein. Das waren dann immer kleine Pausen von der ständigen Sorge um ihren Partner Heinz und vom Alltag.
1989 erkrankte Irmgard an Brustkrebs und wurde 1989, 1990 und 1997 erfolgreich operiert. Dazu kam im Mai 1994 ein schwerer Fahrradunfall mit hohem Blutverlust und anschließendem Krankenhausaufenthalt. Doch sie hatte auch nach diesen Gesundheitsattacken noch Kraft für drei oder gab es zumindest vor.
Als sie Heinz wegen dessen Pflegebedürftigkeit kaum noch allein lassen konnte, gab sie den Garten und manche andere Freizeitfreude für ihn auf. Die Wohnung, noch mit Ofenheizung in der 3.Etage, ohne Bad und mit Außen-WC wurde immer mehr zur Last. Irmgard, Heinz jr. und Stieven suchten nach einer neuen Bleibe und fanden sie nur 100 Meter entfernt: zwei frisch instandgesetzte Wohnungen ab Ende 1994.
1995 heiratete Irmgard nach über 47 gemeinsamen Jahren ihren Heinz, ohne Namensänderung und nur wegen der Rente - für den, der einmal allein bleiben würde. Ab Ende der 90er Jahre bewies sie ihre Uneigennützigkeit bei der immer aufwändigeren Pflege ihres Mannes, der an ihrem 78.Geburtstag im Krankenhaus verstarb. Seine letzte Stunde verbrachten beide gemeinsam.
Danach war Erholung von den Strapazen angesagt, z.B. 2004 mit "ihren Jungs" in Kołobrzeg an der polnischen Ostseeküste.
2005 wurde ihr 80.Geburtstag mit der ganzen Familie begangen. Sie sagte damals, von vielen wohl unverstanden, dass das ihre letzte große Feier sei.
Ein reichliches Jahr später wurde ein stark metastasierender, nicht therapierbarer Magenkrebs diagnostiziert. Sie wollte nicht mehr leiden und nicht mehr für ihr Leben kämpfen und starb schon 6 Wochen nach der Diagnose am 30.8.2006, 8 Stunden nach ihrer erneuten Krankenhauseinlieferung.
Nie wollte sie, wem auch immer, zur Last fallen - nie pflegebedürftig sein. Leben war für sie agieren, beweglich sein, für ihre Nächsten da zu sein. Wenn das einmal nicht mehr möglich sei, dann werde sie ungesagt und leise gehen - das hatte sie Jahre zuvor gesagt.
Nur 4 Tage nach ihr starb ihr Schwager Arthur Gäbler in Hohenmölsen, mit dem sie sich über viele Jahrzehnte geistig sehr verbunden gefühlt hatte - sie erfuhr kurz vor ihrem Tod, dass er im Sterben lag. In den 50er und 60er Jahren hatte sie oft tatkräftig bei Schlachtfesten seiner Familie in Köttichau geholfen.
Die Trauerfeier für Irmgard war am 25.9.2006 auf dem Friedhof Leipzig-Lindenau. Es sprach Michael Hoppe im Auftrag des Bestattungsinstitutes Abenia. Albrecht Dietl (1931-2009), der Kirchenmusikdirektor von Altenburg a.D. und sozusagen Schwiegervater des Sohnes Heinz, spielte auf der Orgel.
An ihrem Grab trauerten:
Sohn Heinz Haferkorn und dessen späterer Ehepartner Stieven Dietl,
ihre Schwestern Lenina Mädel (1926-2009), Sylvia Berthel (1929-2018) und Margarete Ettrich (1932-2020), die Schwager Harry (1926-2014) und Manfred (1928-2018),
ihre Nichten und Neffen Günter (1947-2018), Regina (1948-2022), Ursula (1948-2022), Gabriele, Dorothea (1950-2021), Veronika, Jörg und Waltraud, sowie Gottfried, Erwin (1930-2012), Dagmar, Manfred, Beatrice, Norman, Diana, Thomas und Sabine als deren Partner bzw. Kinder,
Ingrid Eger (1940-2023), Sven Handschick, Diana Hesselbarth und ein paar Tage später Dietmar und Sybille Röper als Nachbarn, die frühere Arbeitskollegin Regina Schuchert,
sowie die Bakannten Rolf Michel (1923-2017), Lutz Wagner, Eckhard Gabor, Jörg Behnisch, Frieder Krause, Dr.Jürgen Clauß und Wolfgang Neumann (1937-2023).
Ihr Beileid übermittelten außerdem Cousin Gerhard Wenzel (1931-2015) aus Leipzig-Sellerhausen, Cousine Edith Martini (1939-2022) aus Mordialloc (Victoria/Australien), Nichte Barbara Streller und Neffe Peter Ettrich mit Familien aus Simmerath, Margrit Buhr (1941-2019) aus Arnstadt, Gerhard Eggert (1924-2023) aus Sondershausen, Bernhard Dietl mit Familie aus Meiningen, Ingeborg und Ludwig Prautzsch (1926-2021) aus Kassel, Christiane, Claudia und Reinhold Buhr aus Esslingen, Katrin und Georg Nattermann aus Herpf, Brigitte und Wolfgang Tautenhahn (1933-2007) aus Weimar, Familie Kensing aus Leipzig-Eutritzsch, die ehemaligen Nachbarinnen Gertrud Stachura und Heidrun Kühn, die früheren Arbeitskolleginnen Edeltraud Badock, Edith Reimann, Gerda Pusch, Ilona Keil und Werra Gißrau, die Ärztinnen Dr.Helga Richter (1941-2018) und Sibylle Busch-Bendig, sowie die Bekannten Bettyna Taube und Bärbel Händler.
H.H.





