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Hallo Großer
Von Deiner Mutsch 30.11.2015 um 23:16 Uhr | melden
Vor einem Jahr, es war gegen 18 Uhr, klingelte es an meiner Tür. Ich öffnete und sah die Polizei. Meine ersten Gedanken sprach ich aus. "Was hat mein Großer schon wieder für einen Bockmist gebaut".. doch es war schlimmer. Die Ohnmacht, da zu sitzen, und zu spüren wie der Boden unter den Füßen verschwindet, keinem wünsche ich das. Von einer Sekunde auf die andere war alles anders.
Jetzt, ein Jahr später, ist immer noch dieses Gefühl, dass der Boden verschwindet. Auch wenn ich beginne, dich und das was du für dich entschieden hast, zu verstehen. Ich frage mich oft, was wäre wenn.. und dann, dann muss ich mir eingestehen, dass es dieses "wenn" wahrscheinlich nie gegeben hätte. Ich lerne langsam zu verstehen, was in dir vorgegangen ist. Wie verzweifelt du versucht hast, gegen die Sucht zu kämpfen, und doch zu schwach warst, den Kampf zu gewinnen. Zu viel war schon kaputt in dir, deine Qualen unerträglich für dich.
Du wolltest nur endlich die Stille genießen, keine Stimmen mehr im Kopf haben, wolltest schlafen und konntest doch nicht. Das, was in dir passiert ist, was durch die Drogen kaputt gegangen war, ging nicht mehr zu reparieren. Du wusstest es, und hast es vor uns verborgen. Wie sehr dich diese Dinge innerlich zerfressen haben, beginne ich erst jetzt zu verstehen. Und ich verstehe deine Entscheidung, dein Leben auf diese Art zu beenden, weil es kein zurück mehr gab. Du wolltest uns keine Sorgen machen, sondern eigentlich von den Sorgen befreien.
Und trotzdem sitzt der Schmerz tief, bei deinen Schwestern und auch bei mir. Wir haben dir Kerzen gebracht, weil du Angst vor der Dunkelheit hast. Sie sollen dir leuchten in den finsteren Tagen.
In diesem Jahr habe ich mich sehr verändert, bin still geworden. Viele haben sich von mir zurück gezogen. Einige sind geblieben. Ich habe Ersatzkinder dazu gewonnen und Freunde gehen lassen müssen. Doch die, die in der ganzen Zeit zu uns halten, diese Menschen sind unbezahlbar.
Großer, gib immer Acht auf Sarah und Fine, so wie du es von der Erde aus tun wolltest. Weißt du noch? Als du zu Sarah gesagt hast, "wenn dir ein Kerl weh tut, dann bring ich ihn um". Fine hat dich beim Trauerredner mit den Worten beschrieben "er wollte immer stark sein und keine Tränen zeigen, genau wie ich". Ihr drei, Geschwister, total verschieden und doch gleich. Ich sehe so viel Ähnlichkeiten zwischen dir und den Mädels.
Und auch nach einem Jahr schwöre ich dir, ich trete dir in den Hintern wenn wir uns wieder sehen. Und so lange ist es deine Aufgabe, als großer Bruder schützend deine Hände über die Mädels zu legen.. es ist deine Aufgabe, auf all unsere lieben aufzupassen..
Ich hab dich lieb..
