Mit einem Geschenk hinterlassen Sie Ihr persönliches Zeichen in Gedenken an Malte Utermark. Veredeln Sie jetzt diese Gedenkseite durch ein Geschenk in Ihrem Namen.
von Edith Utermark am 06.12.2015 - 23:11 Uhr | melden
Berg der Trauer
Trauern ist wie die Besteigung eines hohen Berges... Wir stehen
zunächst atemlos vor dieser Aufgabe, die uns so aussichtslos erscheint.
Wie sollen wir auch nur die ersten Schritte tun. Wir haben kein
Werkzeug, wir haben nicht als unsere Hände. Wir nehmen das, das am
nahesten liegt: Sand und türmen ihn aufeinander --- sinnlos, er rinnt
uns durch die Hände, der kleine Hügel, der entsteht, sinkt immer wieder
in sich zusammen - sie ein Sinnbild für uns selbst. Nein, wir haben
keinen Plan, niemand, der uns sagt, wie man den Berg der Trauer
erklimmt. Wir haben nur das Wissen, dass Tausende in diesem Moment vor
der gleichen Aufgabe stehen, dass Millionen diese Berge bezwungen haben.
Es gibt keine Baumeister, keine Architekten, nichts Allgemeingültiges
und das, was wir lesen, was man uns sagt, was wir hören - es scheint
uns so fremd, so weit weg von dem fassungslosen Schmerz in dem wir
gefangen sind... "Laßt mich alleine mit dieser Aufgabe" - dies waren
meine Gedanken. Wenn ich nicht selbst einen Weg finde, werde ich hier
am Fuße des Berges in meiner Trauer und meinem Leid verharren".
Der, nachdem all meine Sehnsucht schreit, kann seine Hand nicht
ausstrecken, er ist nicht mehr. Die Hände, die mir gereicht werden, sie
können mich nicht tragen, viel zu schwer bin ich, viel zu groß ist das,
was mir widerfahren ist... Niemand, der wirklich ermessen kann, welche
Aufgabe vor mir liegt.
Meine Besteigung des Berges der Trauer begann damit, Steine zu
suchen: kleine Steine, große Steine, runde und eckige - und ich gab
diesen Steinen Namen wie "Hoffnung" "Zuversicht" "Loyalität"
"Liebe","Verbundenheit" "Treue" "Glauben"
"Freundschaft" "Vertrauen". Der letzte Stein, den ich bisher benannt habe, ist der Stein der "Zukunft".
Mit diesen Steinen habe ich begonnen, einen Weg zu legen - Stein für
Stein unter meine Füße und diese Steine tragen. Ich weiß nicht, was
geschieht, wenn ich um die nächste Biegung des Berges komme, was auf
mich wartet - aber ich habe meine Besteigung begonnen und ich setze sie
fort: Ich habe keine Hast und Eile mehr. Ich habe in den Jahren
erfahren, dass die Besteigung des Berges der Trauer ein ganzes Leben
braucht! Manchmal wird mir ein Stein geschenkt: die Steine der
"Anteilnahme" des "Mitgefühls" der "Empathie" - dies sind große Steine
- und sie fügen sich in die meinen ein und ebnen manch kleine Strecke,
´ die ohne sie viel mühsamer geworden wäre.
Es gibt auch Steine, die mir in den Weg gelegt werden: Steine des
"Unverständnisses" der "Missachtung" Steine der "Ungeduld" , der
"Ignoranz",und sie erschweren den Weg, den ich muss sie aus den
restlichen Steinen herausfiltern und sie an die zurückgeben, die sie
mir in den Weg warfen. Es gibt auch den Stein der "Hilflosigkeit". Dies
sind kleine Steine, die ich am Weg liegen lassen kann. Über sie falle
ich nicht.
Lasst mir meinen Weg. Lasst Trauernden ihre Wege. Jeder muss seine
Steine suchen, benennen und mit ihnen seinen ganz individuellen Pfad
bauen.
Schenkt uns die kleinen Steine des "Mitgefühls", denn sie tragen uns ein Stück weiter und für sie sind wir dankbar.