Patrick
Schuster

von Michaela Schuster am 23.08.2013 - 09:09 Uhr | melden

...warum bin ich so unruhig, so unzufrieden, frage ich mich? Im wahrsten Sinne des Wortes: ohne Frieden.
Ich weiß es, ich kenne die Antwort: mein Innerstes ist unruhig, weil meine Seele heimatlos geworden ist.

Früher einmal wohnte sie im Paradies. Es war ein regelrechtes Schlaraffenland; hatte sie doch alles, was sich eine friedliebende Seele nur wünschen kann: einen lieben Partner, wunderbare Kinder, ein Heim, alles, was sich die Seele bereits in ihrer Jugend für die Zukunft vorgestellt hatte. Es war ihr durchaus bewusst, wie schön es dort war, wo sie daheim war, doch heute weiß sie, sie hätte diese Tatsache durchaus noch mehr genießen können.

Und dann wurde die Seele aus dem Paradies herausgerissen. Mit dem Tod ihres Kindes war sie mit einem Schlag heimatlos. In der ersten Zeit suchte sie auch nicht nach einem neuen Zuhause, fühlte sie sich doch sowieso mehr zu den Toten gehörig als zu den Lebenden.

Doch die Zeit verging, und sie musste einsehen, dass sie nicht ins Totenreich konnte, nicht einmal hinein sehen durfte sie. Sie blieb außen vor. Was nun? Wohin? Zurück ins Schlaraffenland konnte sie nicht – und hätte sie auch nicht gewollt. Sie war heimatlos geworden, eine Verstoßene, eine Umherirrende, eine Vagabundin zwischen den Welten. Doch welche Welten standen ihr offen? Als erstes das Land der Trauer. Es war ein Sammelbecken der verlorenen Seelen, all jener, die – wie sie - zutiefst verletzt waren und nicht wussten wohin.

Dann kam der Tag, da die Seele sich so weit erholt hatte, dass sie dort nicht mehr sein mochte. Zu dunkel ist es an diesem Ort – ohne Licht und ohne Wärme. Doch wo soll sie hin? Eine neue Welt! Wo ist diese Welt zwischen den Lebenden und den Toten, zwischen Traurigkeit und Glück? Wie soll sie überhaupt aussehen? Was kann die Seele noch erwarten, jetzt wo das Schreckliche geschehen ist und sie ohne das geliebte Kind an der Seite weiterleben muss? Doch, sie hätte schon eine gewisse Vorstellung von dieser Welt. Sie erwartet nicht das große Glück der Vergangenheit. Nein, nur ein wenig Freude, innere Ruhe und auch wieder Zufriedenheit.

Nun ist die Seele schon so lange auf der Suche nach dieser Zwischenwelt. Gibt es sie überhaupt? Und wenn? Wo kann sie sie finden? Die unruhige Seele brauchte dringend ein neues Zuhause!

Die Suche war zwecklos. Ich wollte schon aufgeben. Nein, noch nicht! Als letzte Möglichkeit bliebe noch, sich selbst eine Unterkunft zu „zimmern“. Also errichte ich Wände aus niedergeschriebenen Gedanken (Material gibt es ja genug). Diese Texte haben mich ja schon des Öfteren gegen die eisige Kälte der Trauer geschützt. Und ich sammle wohltuende Worte als Dach gegen starke Gefühlsgewitter. Es ist nicht stabil, aber es hält, dieses „Haus“. Etwas Ruhe kehrt ein und sogar ein wenig Freude. Ich komme zurecht – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Ich lebe nun schon recht lange in diesem „Eigenbau“. Doch ich stelle fest: es wurde nichts, das man ein Zuhause nennen könnte – ich fühle mich nicht wohl. Etwas fehlt. Es fehlt die Zufriedenheit.

Wird sie jemals einziehen? Kann sie überhaupt einziehen, wenn Patrick hier nicht wohnt?