Robin
Bosch

von Robins Mama am 15.05.2013 - 15:44 Uhr | melden

Teil 2 - (Das System vom Gedenkseitenforum nimmt leider nicht so lange Texte an - Teil 1 - der Anfang befindet sich zuvor im Kondolenzbuch)

Ich mag nun nicht weiter abschweifen, denn ich erzähle so gerne von unserem Robin … Mir ist bewusst, dass ich in der Vergangenheit lebe seitdem Robin tot ist – denn es kommen keine neuen Erlebnisse mit meinem Sohn dazu… diese Gewissheit schmerzt ohne Ende!

Ohne Vorwarnung brechen diese gewaltigen Trauerwellen über mich herein. Gefühle, Emotionen, Schmerz überfallen mich, geiseln meinen Körper sowie meine Seele. Ich bin gefangen – hilflos! Mein Handeln, mein Gefühlsleben außer Kontrolle – nicht mehr beeinflussbar – zumindest nicht von mir!
Irgendwie funktioniert nichts mehr an mir und irgendwie funktioniere ich nur noch! Ja – das soll mal einer verstehen? Ich wandel nur so durch den Tag, es ist ein Überleben – Leben kann ich das nicht mehr nennen… und dennoch bemühe ich mich nach Vorne zu schauen – lebenswert weiterzuleben….

Mit dem ersten Augenaufschlag am Morgen drückt mich bereits diese tiefe Sehnsucht nach meinem Kind - ich versuche nachzuspüren, wie es ihm ergehen mag – wie es seinem Bruder geht – wie es unserer Familie geht – wie es seinen Freunden geht oder wie es der Person ergeht, dessen Namen Robin mir in der Nacht, in der Stille hinterlassen hat. Diese Sehnsuchtsgefühle tuen nur weh, sie zerreißen mir mein Herz, bringen mich um den Verstand!
Neuerdings wache ich nun auf um realisieren zu müssen, dass mein Kind nicht mehr da ist – es ist abwesend – woanders – nicht mehr leibhaftig bei mir, unter uns. In meinen Träumen ist Robin bei mir, mit mir weiterhin tief verbunden, ich spüre seine intensive Nähe, erlebe unsere sowie seine Geschichten mit seinen Freunden, mit Personen, die ihm immer noch wichtig sind. Mein Kind flüstert mir Namen ins Ohr um die ich mich besonders kümmern soll…

Möchte sich Jemand vorstellen – wie das ist – wie der Schmerz sich anfühlt – aufzuwachen – um in der Realität, in dem Leben, das ich mir nicht gewünscht habe – anzukommen?

Ja – ich habe immer wieder Todessehnsucht – ich möchte sterben um bei meinem geliebten Kind zu sein und ich möchte leben um bei meinen geliebten Dennis zu sein! Diese Zwiespältigkeit, diese Zerrissenheit weder ganz dort – noch ganz hier zu sein – möchte sich das Jemand vorstellen ?

Wie mir das, das Herz zerreißt?

Ich möchte als Mutter bei meinen beiden Kindern sein! Es wird jedoch nie mehr möglich sein dies auf Erden zu erleben – und das muss ich lernen zu realisieren – so schwer es fällt – ich muss…
Unsere einmalige Liebe ist unsere Brücke, unser Regenbogen - sie verbindet uns zwischen Himmel und Erde

Robin
hinterlässt mir kleine Zeichen seiner geistigen Anwesenheit!
Gerade meist, wenn mich die Verzweiflung und der grausame Schmerz zu überwältigen scheinen, dann schickt Robin mir Botschaften … Es ist tatsächlich zu verfrüht darauf einzugehen – obwohl es mir eine Herzensangelegenheit ist. Wahrscheinlich würde ich in der Zwangsjacke in das PLK auf der Reichenau eingewiesen. Was wirklich in einer trauernden Mutter vorgeht – das bezweifel ich, dass es jemand Außenstehendes wissen und erleben möchte…. Geschweige es erahnen kann….

Ich bin wirklich dankbar für die angebotene Hilfe von Familie und Freunden - Ihr helft mir sehr, da ich weiß - das ihr da seid. Danke! Wenn der Postbote einen Brief von Robins Freunden oder aus unserer ehemaligen Nachbarschaft abgibt – dann mache ich Höhenflüge! Ich darf wieder an Erlebnissen meines Kindes teilnehmen… Nein - was das heißt – das kann sich Niemand vorstellen… und ich bin so froh, dass Ihr das auch nicht müsst!

Letztens fuhr ich mit dem PKW auf der Schnellstraße – mein Tempo war angemessen–sagen wir mal – ich fuhr vorbildlich! Ein Wagen wechselte urplötzlich auf meine Spur und kam mir entgegen. Ich hielt das Lenkrad fest umklammert und dachte: „Alles, was jetzt passiert ist nicht frei von mir gewählt, ist nicht meine Entscheidung!“
Starr hielt ich auf meiner Spur das Lenkrad fest – ich hätte ausweichen können und in den Straßengraben fahren – vielleicht wäre ich gegen einen Baum geprallt… Als ich meine Augen wieder öffnete, hielt ich immer noch starr das Lenkrad umklammert, fuhr ich immer noch auf meiner Straßenseite, das Tempo war verlangsamt und der PKW weg… ich hatte keine Angst!

Als ich zu Hause ankam, fiel mir prompt diese Nachricht von Albert Einstein in die Hände: „Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom!“

Seitdem mein Kind fort ist, versuche ich nicht immer alles zu deuten.
Es passiert so viel und ich lasse einfach nur geschehen…

Was ich sage und meine und bei meinem Gegenüber an kommt, war schon immer nicht leicht zu händeln – jetzt – entwickelt sich dies manchmal zum regelrechten Problem.
Meine Mitmenschen meinen es gut – sagen: „Christiane, nimm Dir alle Zeit der Welt zu trauern – ein Kind zu verlieren ist wohl das Schlimmste, was einer Mutter wiederfahren kann…“ Ankommen (das ist wahrlich nicht böse von mir gemeint – es kommt eben tatsächlich bei mir so an…) „Reiß Dich zusammen, Du musst schneller in den Alltag zurück finden – Du wirst ja sonst noch verrückt!“
Wie soll ich das Jemanden erklären, der nicht in diesem tiefen grausamen Schmerz gefangen ist – das es keine Böswilligkeit von mir ist – es anders zu verstehen, es anders zu spüren... Ich bemühe mich wahrlich – aber was sage ich – es ist so schwer für uns ALLE …

Robin mein Schatz, es ist nicht nur diese tiefe Sehnsucht nach Dir, dieser zermürbende Schmerz, es ist zudem diese „Unverstandenheit“, diese „Hilflosigkeit, denen ich so ausgesetzt bin – die mir und meinen Mitmenschen zusätzlich das Leben so erschweren.

Dieses NICHTKÖNNEN – keinesfalls NICHTKÖNNENWOLLEN!

Mein Trauerweg –
unsere unerschütterliche Liebe zu Dir mein Sonnenschein, ist mir der größte Trost, gibt mir Kraft, stärkt mich in meinem Weiterleben.. Du hast das Leben so geliebt – das Steuer wurde Dir aus der Hand gerissen… ich hatte und habe die Wahl und habe mich seit dem 13.01.13 entschlossen – egal wie schwer mein Weg ist – egal wie schwer die Last ist, die mir aufgebürdet ist – ich gehe diesen Weg – ich bin seit dem 13.01.13 unterwegs…

Wir wissen nicht, wie schwer die Last ist, die wir nicht tragen…

Mit jeder Faser meines Körpers, meines Herzens, meiner Seele spüre ich jedes winzige Gramm dieser Last – noch scheint sie unerträglich – ist gewaltsam, zerreißt mir mein Herz, raubt mir den Verstand… Eines Tages wird es leichter sein diese Last, dieser Schmerz, diese tiefe große Traurigkeit, diese Trauer… die Zeit und der Glaube an Gott wird es mit sich bringen –diese Trauer wird gewandelt und in meinem Tempo werde ich weitergehen… und diese Wandlung spüren dürfen…

Seit ein paar Wochen sind meine Wahrnehmungsfähigkeit aber auch mein Empfindungsvermögen stark verschärft. Nach der 10. Woche überkam mich zu der Seelenqual zusätzlich dieser körperlicher Erschöpfungszustand. Meine Schritte werden langsamer, schwerer, teilweise lahme ich regelrecht. Es kommt mir vor, dass ich vor einem körperlichen Zusammenbruch stehe, ich kann mich teilweise nicht mehr aufrichten, meine Beine sind wie Gummi, mein Körper zerfällt – ich breche körperlich regelrecht auseinander, falle wie ein Kartenhaus zusammen – es kommt mir so vor!

Dünnhäutig bin ich geworden – benutzt jemand Robins Duschgel, hat gewisse Ähnlichkeiten mit ihm oder mit seiner Körperhaltung, seinem Gang, seinen Gesichtszügen – dann ist es um mich geschehen –
dann füllen sich meine Augen mit Tränen, mein Körper reagiert mit Vibrieren, das Weinen, schluchtzen der Verzweiflung kommt – nimmt überhand – Schreien – Der Verstand setzt aus –alles außer Kontrolle…

Diese Gefühle, diese Qualen auf seelischer und körperlicher Ebene vermag ich heute immer noch nicht in Worte zu fassen – ich erlebe sie hautnah – sie zwängen sich auf – sie kommen und gehen – ich habe keinen Einfluss darauf– keine Kontrolle, das ist diese schlimme Hilflosigkeit! Diese Hilflosigkeit zu dieser großen Traurigkeit!!!

Robin musste physisch gehen – aber seine Liebe und sein Geist sind bei mir – immer wieder spürbar – auch jetzt, wo ich an seinem Grabe verweile und schreibe.

Sein Geist und seine innige Liebe werden mir hoffentlich immer erhalten bleiben bis wir uns im ewigen Licht wiedersehen. Manchmal male ich mir das aus, wie mein Kind mich stürmisch, kaum erwartend mit seinem schönsten Strahlen entgegen läuft und wir uns endlich in den Armen liegen… ein Freudentag!
Momentan ist es die größte Freude, diese Vorfreude auf unseren bestimmten Tag im Jenseits! Diese Todessehnsucht ist da und ich kann sie nicht anhalten – noch nicht und ich muss darüber reden – denn sie ist da!!! (Keine Sorge – wer mich wirklich kennt, weiß, dass ich mir nie etwas antun würde – ich hätte die große Befürchtung mit Robin nicht auf einer Ebene zu sein –unser Glaube lässt dies nicht zu – mein Glaube läßt dies nicht zu - also keine Sorge!)

Hier sitze ich nun bei Dir an Deinem Grabe, betrachte die Natur, die Gänseblümchen sprießen, der Himmel ist blau, die Sonne erwärmt mich mit ihren Strahlen - alles ist so beständig –jedoch – das Leben zieht vorbei an mir – die anderen leben weiter - es hält bei ihnen nicht inne wie bei mir gerade – was mir bleibt ist Dein Bild, Deine Liebe, Dein Geist in meinem Herzen.
Es ist nichts mehr wie es war – ja so ist es Robin!

Momentan bin ich dabei – zu lernen – akzeptieren zu müssen, dass Du physisch nicht mehr bei mir sein kannst – ich darf zwar von Dir träumen aber Du bist nicht mehr bei mir, ich kann Dich leibhaftig nicht mehr berühren. Ich muss lernen – ein Leben ohne Dich auf Erden anzunehmen…

Als ich heute an Dein Grab kam, waren viele zusätzliche Lichter da – Deine Freunde besuchen Dich dort - sie vergessen Dich nicht und das ist mir ein weiterer wichtiger Trost! Du bleibst unvergessen…
Es fällt mir immer noch schwer die abgebrannten leeren Kerzenbehälter zu entsorgen vor allem Jene, die Dir eine kleine Nachrichten hinterlassen haben… „Du fehlst“ – „wir lieben Dich“ …

Ach Robin – 4 Monate – so lang, so kurz, so unendlich…

Mimi hatte Dir letztens ein Gänseblümchenkranz gebunden – das erinnert mich an Deine erste Kindergartenliebe – ach Robin – Du fehlst mir so unsagbar; ich brauche Dich so sehr mein Kind!
Ich versuche Deine Botschaft ein Stück weit zu leben – ich werde es nie so gut können wie Du selbst - Robin – wahrlich nie!