Brigitte Mira

Brigitte
Mira

20.04.1910
Hamburg
-
08.03.2005
Berlin

stimmungsbild

Gedenkseite für Brigitte Mira

Brigitte Mira - wer kannte sie nicht? Die "Kleene mit der jroßen Berliner Klappe", die Frau aus dem Volke, die aber durchaus auch leise Töne glaubhaft rüberbrachte?

Geboren am 20.04.1910 in Hamburg, aufgewachsen in Düsseldorf, wo sie bereits im Alter von acht Jahren Ballett - und Gesangsunterricht erhalten hatte, denn als Tochter eines, aus Russland eingewanderten, Pianisten, hatte Brigitte "Musik im Blut"!

Ihre Karriere begann in der Spielzeit 1928/29, wo sie, als Gruppentänzerin, im Städtischen Theater DÜSSELDORF debutierte - damals noch unter dem Pseudonym VALENCIA STRAMM. Von dort aus wechselte sie zum Opernhaus KÖLN, zunächst noch als Tänzerin, aber bereits wenig später durfte sie sich in der Roller der Esmeralda in Smetanas Oper "Die verkaufte Braut" ausprobieren - der Sprung ins Soubrettenfach war geschafft!

Ab der kommenden Spielzeit trat die ehemalige Gruppentänzerin als Soubrette am Stadttheater BREMERHAVEN auf - nunmehr unter dem Namen GITTA MIRA.

Zahlreiche Engagements an deutschsprachige Theater folgten: sie sang am Operettentheater LEIPZIG, sowie u.a. in KIEL, GRAZ, KOLBERG und MARIENBAD, trat mit berühmten Stars auf, wie z.B. Richard Tauber, Leo Slezak, Fritzi Massari und Lizzi Waldmüller.
Über das Operettenhaus in HAMBURG, 1939, kam sie 1941 schließlich nach Berlin an das THEATER am SCHIFFBAUERDAMM; dort wurde Willy Schaeffers nun endlich auf ihr komisches Talent aufmerksam: er holte sie an das KABARETT der KOMIKER.

Die Nazi-Zeit hat Brigitte Mira - mit Hilfe falscher Papiere - einigermaßen unbeschadet überstanden; als Halbjüdin hätte das Propagandaministerium sie ansonsten wohl kaum für eine Kurzfilmreihe engagiert, die als Beiprogramm zur Deutschen Wochenschau lief...

Nach Kriegsende spielte Brigitte Mira in Inszenierungen von Walter Felsenstein, zunächst am Hebbel-Theater, später an der Komischen Oper in Berlin. Sie hatte Gesangsrollen in zahlreichen Operetten beim Bayerischen Rundfunk, und trat auch auf Kabarettbühnen auf, unter anderem bei Günter Neumanns DIE INSULANER.
Ihr Spielfilmdebüt hatte sie 1948, in einer kleinen Rolle in der Nachkriegs-Satire BERLINER BALLADE, mit Gert Fröbe als Otto Normalverbraucher. Ab 1950 wirkte sie in diversen Schlagerfilmen und Komödien mit, lange Zeit nur in Nebenrollen, und immer, wenn es galt, komische Tanten oder Haushälterinnen zu besetzen. Darüber hinaus blieb sie dem Theater treu, trat in Operetten, Singspielen und Unterhaltungssendungen im Fernsehen auf, und galt hier - im guten Sinne - als „Soubrette vom Dienst“.

Ab 1972 ging es mit Brigitte Miras Karriere steil bergauf: Rainer Werner Fassbinder lernte sie am Schauspielhaus Bochum bei Peter Zadek kennen; er sah in ihr die Inkarnation der verwitweten Putzfrau Emmi, die sich in einen zwanzig Jahre jüngeren Marokkaner verliebt, besetzte sie mit dieser Rolle, und verhalf ihr mit dem Film ANGST ESSEN SEELE AUF zu ihrem internationalen Durchbruch als Schauspielerin.
Bei den Filmfestspielen von Cannes 1974 gefeiert, wurde Brigitte Mira im gleichen Jahr auch mit dem Deutschen Filmpreis als Beste Darstellerin ausgezeichnet.

Das Fernsehpublikum konnte sie ab 1977 als Oma Färber in der beliebten Vorabendserie DREI DAMEN VOM GRILL bewundern, die fast 15 Jahre lang produziert wurde .

Brigitte Mira hat im Laufe ihres langen Lebens diverse Auszeichnungen erhalten, und es wurden Galas zu ihren Ehren abgehalten:

1989 bekam sie das FILMBAND IN GOLD, für ihr langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film.
1998 hatte sie bei der Jubiläumsgala, anlässlich des 50-jährigen Bestehens der KOMISCHEN OPER in Berlin, einen bejubelten Auftritt.

Ende der 90er Jahre ging Brigitte Mira mit Evelyn Künneke und Helen Vita mit dem Chansonabend DREI ALTE SCHACHTELN auf Tournee. Diese endete leider abrupt; im Februar 2001 verstarb Helen Vita, kurz darauf auch Evelyn Künneke.
Brigitte Mira, die zwar über zehn Jahre älter war als ihre Kolleginnen, ihr wahres Alter aber nicht verraten hatte, und "die ewige 69 - Jährige" geblieben war, stellte danach ein eigenes Soloprogramm zusammen, trat damit unter anderem im Theater Madame Lothár in Bremen auf, wo sie im Juni 2002 auch an der Galashow zum zehnjährigen Theaterjubiläum des Hauses teilnahm.

Die Wahlberlinerin Brigitte Mira blieb dem Theater und ihrem Publikum ihr Leben lang treu.

Am 13. Oktober 2004 erlitt sie einen Schwächeanfall, von dem sie sich nicht wieder erholte. Sie starb am 8. März 2005, kurz vor Vollendung ihres 95. Geburtstages, und wurde am 16. März 2005 auf dem Luisenfriedhof III in Berlin-Westend beigesetzt. Die Grabstätte gehört zu den Ehrengräbern des Landes Berlin.

Privates

Brigitte Mira war fünf Mal verheiratet, in erster Ehe, 1940, mit dem Schauspieler Peter Schütte, und in zweiter Ehe mit dem Intendanten Paul Cornelius. Ihre beiden Söhne, Thomas und Robert, stammen aus der dritten Ehe mit dem Reporter Reinhold Tabatt. Auch die vierte Ehe, mit einem Ingenieur, wurde geschieden. 1974 heiratete Mira den Regisseur Frank Guerente, mit dem sie bis zu seinem Tod,im Jahr 1983, verheiratet war, und über 25 Jahre zusammenlebte.

Filmografie

1943: Liese und Miese (propagandistische Wochenschaukurzfilme)
1948: Berliner Ballade
1957: Und abends in die Scala
1958: Wehe, wenn sie losgelassen
1958: Der Stern von Santa Clara
1958: So ein Millionär hat’s schwer
1959: Schlag auf Schlag
1959: Du bist wunderbar
1960: Im Namen einer Mutter
1961: Die Marquise von Arcis
1962: Ich kann nicht länger schweigen
1962: Bubusch
1962: So toll wie anno dazumal
1963: Jack und Jenny
1965: Unser Pauker (Fernsehserie, 20 Folgen)
1966: Wilhelmina (Fernsehserie, 6 Folgen)
1966: Wie lernt man Reisen?
1966: Bei Pfeiffers ist Ball
1968: Der Partyphotograph
1970: Das Stundenhotel von St. Pauli
1970: Drüben bei Lehmanns
1971: Zwanzig Mädchen und die Pauker: Heute steht die Penne kopf
1971: Wir hau’n den Hauswirt in die Pfanne
1972/73: Acht Stunden sind kein Tag
1973: Die Zärtlichkeit der Wölfe
1973: Sechs unter Millionen (Fernsehserie, 13 Folgen)
1974: 1 Berlin-Harlem
1974: Angst essen Seele auf
1974: Jeder für sich und Gott gegen alle
1975: Wie ein Vogel auf dem Draht
1975: Angst vor der Angst
1975: Faustrecht der Freiheit
1975: Mutter Küsters’ Fahrt zum Himmel
1975: Der Geheimnisträger
1976: Jeder stirbt für sich allein
1976: Satansbraten
1976: Chinesisches Roulette
1976: Anita Drögemöller und die Ruhe an der Ruhr
1976: Die Unternehmungen des Herrn Hans
1977: Adolf und Marlene
1977: MS Franziska (Fernsehserie, eine Folge)
1976–1991: Drei Damen vom Grill (Fernsehserie)
1978: Die Frau gegenüber
1979: Fabian
1979: Leute wie du und ich (Fernsehserie)
1979: Derrick – Ein Todesengel
1979: Die Protokolle des Herrn M. – Schlesier-Grete (Fernsehserie)
1980: Berlin Alexanderplatz
1980: 101 Dalmatiner (neue Synchronfassung)
1980: Lili Marleen
1981: Nach Mitternacht
1981: Primel macht ihr Haus verrückt
1981: Cap und Capper (Zeichentrick, Synchronstimme)
1981: Kein Reihenhaus für Robin Hood
1982: Ab in den Süden
1982: Trouble im Penthouse
1982: Kamikaze 1989
1982: Zwei Tote im Sender und Don Carlos im PoGl
1982: Die Murmel
1982: Leben im Winter
1982: Drei gegen Hollywood
1983: Die wilden Fünfziger
1983: Der Tod kommt durch die Tür
1984: Sigi, der Straßenfeger
1985: Einmal Ku’damm und zurück
1986: Wenn der Wind weht (Zeichentrick, Synchronstimme)
1986: Was zu beweisen war
1986: Vicky und Nicky
1986: Der Schwarzwald (Kurzfilm)
1986: Unternehmen Köpenick (Fernsehserie)
1986: Tödliche Liebe
1986–1991: Die Wicherts von nebenan (Fernsehserie)
1988: Im Schatten der Angst
1989: Derrick - Die blaue Rose
1990: Rosamunde
1989: Spreepiraten
1990: Praxis Bülowbogen – Unerwartete Begegnungen
1991: Mörderische Entscheidung
1991: Gesucht wird Ricki Forster (Mehrteiler)
1992: Gute Zeiten, schlechte Zeiten (Gastrolle)
1993: Die Spur führt ins Verderben
1993: Der Showmaster
1993: Klippen des Todes
1994: Cafe Scandal
1995: Kanzlei Bürger (Fernsehserie)
1996: Willi und die Windzors
1999: Großstadtrevier – Abrakadabra
1999: Dr. Sommerfeld – Neues vom Bülowbogen – Der Traum vom Süden
1999: Der Clown – Mayday
2000: Streit um drei
2000: Ein lasterhaftes Pärchen
2001: Aszendent Liebe
2002: Angst isst Seele auf, Kurzfilm
2004: War’n Sie schon mal in mich verliebt?, Dokumentarfilm von Douglas Wolfsperger
2004: In aller Freundschaft – Vergesslichkeiten

Auszeichnungen

1974: Deutscher Filmpreis für ihre darstellerische Leistung in Angst essen Seele auf
1981: Verdienstkreuz Erster Klasse der Bundesrepublik Deutschland
1989: Filmband in Gold für ihr langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film
1992: Bambi
1995: Großes Verdienstkreuz
1996: Verdienstorden des Landes Berlin
1999: Silbernes Blatt der Dramatiker Union
2000: Goldene Kamera für ihr Lebenswerk
2003: Goldener Wuschel von Brisant für ihr Lebenswerk
2005: Berliner Bär (B.Z.-Kulturpreis) für ihr Lebenswerk
2012: Stern auf dem Boulevard der Stars in Berlin

Literatur

Brigitte Mira: Kleine Frau – was nun? Erinnerungen an ein buntes Leben. Aufgezeichnet von Bernd Lubowski. Herbig, München 1988, ISBN 3-7766-1534-6.
Horst Pillau (Hrsg.): Brigitte Mira im Gespräch mit Horst Pillau über ihr Leben. Herbig, München 2002, ISBN 3-7844-4010-X (Die Langen Müller Audio books).
Brigitte Mira: Kleine Frau mit großen Talenten. In: FAZ, 9. März 2005; Nachruf
Die kleine Frau. In: Berliner Zeitung, 9. März 2005; Nachruf

Weblinks

Commons: Brigitte Mira – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Literatur von und über Brigitte Mira im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Brigitte Mira in der Internet Movie Database (englisch)
Brigitte Mira bei filmportal.de

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Ich habe diese Gedenkseite für eine geschätzte Kollegin erstellt, mit der ich die Ehre hatte, einige Male bei Galas in Berlin aufzutreten, sowie bei der INTERNATIONALEN FUNKAUSSTELLUNG, 1987 in Berlin.

Ich hoffe sehr, dieser bedeutenden Künstlerin gerecht geworden zu sein, und ich bitte Besucher dieser Seite, eine Gedenkkerze für BRIGITTE MIRA zu entzünden.

R.I.P.