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Für das Geburtstagskind am Ende des Regenbogens
Von Sophia 25.03.2023 um 14:22 Uhr | melden
Liebe Elena,
gestern Nachmittag bin ich nach Hause zu meinen Eltern gefahren, da ich heute auf der Geburtstagsfeier meiner besten Freundin eingeladen bin. So viele Parallelen waren auf einmal da zu dir: Auch du wolltest am 24. März nach Hause kommen, um einen Geburtstag zu feiern, und zwar deinen eigenen. Es ist so herzzereißend, wie deine Mutter einmal davon berichtet hat, dass die Geschenke schon verpackt waren, dass sie Erdbeeren gekauft hat und sich vorgestellt hat, dass du nach deiner Rückkehr die Regenbogentreppe hinauf zu deinem Zimmer gehen würdest.
Wo ich vom Regenbogen spreche: Fast den ganzen Tag über war es gestern grau und trist, aber auf der Heimfahrt kam auf einmal die Sonne durch und tauchte den Himmel in ein ganz besonderes Gelb, von dem ich auch meine, es damals vor 8 Jahren auch am Himmel gesehen zu haben. Und dann tauchte ein Regenbogen auf. Es war kein gewöhnlicher Regenbogen, denn man sah nicht mal eine Biegung. Er lief einfach ein Stück gerade in den Himmel hinauf und verblasste dann. Es war für mich so, als würdest du mir zeigen wollen: Schau, ich bin hier oben. Es ist gar nicht weit. Ich bin doch da.
Ich muss zugeben, dass ich im Zusammenhang mit dem Absturz manchmal die Tendenz habe, alles Mögliche in Kleinigkeiten hineinzuinterpretieren- aber es wäre einfach so schön, wenn es ein Zeichen von dir war. Ich habe in dem Moment so gehofft, dass deine Mama heute auch ein Zeichen von dir bekommt- denn wie soll man es sonst nur aushalten, dass du nicht mehr da bist?
Natürlich habe ich mich gestern auch wieder kurz gefragt: Was ist, wenn ich nie ankomme? Aber den Gedanken gleich wieder verworfen, weil man es sicht einfach nicht vorstellen kann, weil doch immer alles gut geht. "Wenn alles gut geht, sind wir um 10 vor 2 am Bahnhof", hast du damals wohl geschrieben, kurz bevor du abgeflogen bist. Aber hast damit bestimmt nur eine Verspätung oder Verzögerung bei der Gepäckausgabe gemeint. Umso unbegreiflicher bleibt das, was kurz danach passiert ist.
Ich bin zum Glück sicher angekommen, bin aber heute doch nicht zur Feier, weil sich meine Erkältung, die gestern ganz plötzlich kam, verschlechtert hat. Ich hatte mich sehr darauf gefreut, aber es ist okay, denn ich weiß, es wird wieder ein Geburtstag kommen.
Bei dir jedoch wird kein Geburtstag mehr kommen, den du mit deinen Lieben feiern kannst. Das ist das Schreckliche an der ganzen Geschichte: Es ist nicht nur, dass die Geschenke vom 16. Geburtstag unverpackt blieben. Sondern dass man in dem Moment auch wusste, dass es nie mehr Geschenke, nie mehr Erdbeeren, nie mehr eine Feier für dich und mit dir geben wird.
Liebe Elena, ich wünschte mir, dein Geburtstag am 25. März 2015 wäre so abgelaufen, dass es aus der heutigen Sicht nur noch ein Geburtstag von vielen gewesen wäre, dass man heute vielleicht überlegen würde: Elena, was war noch mal das Jahr, in dem du einen Tag vor deinem Geburtstag vom Schüleraustausch zurückgekommen bist?
So aber wird dein 16. Geburtstag immer mit der Erinnerung an das tragische Ende deines Lebens verknüpft bleiben. Es tut weh, dass diese Tage so nah beieinander liegen, denn eigentlich sollte es ja etwas Schönes sein, sich an deine Geburt zu erinnern. Und ich hoffe auch, dass deine Lieben heute auch an die schöne Zeit mit dir zurückdenken können. Trotzdem bleibt daneben sicher die unendliche Trauer um all die Geburtstage sowie die andere, Tage und Jahre, die du nicht mehr mit uns erleben kannst.
Elena, wenn du wirklich da am anderen Ende des Regenbogens bist, möchte ich dir sagen: Ich habe dich gesehen. Ich denke daran, dass du dort oben bist. Ich habe dich nicht vergessen. Sondern du bist immer in meinem Herzen.
Alle meine Liebe sende ich dir
Deine Sophia
