Gerhard Steinle

Gerhard
Steinle

01.04.1939
Lauffen am Neckar
-
15.12.2020
 

Stimmungsbild-Gerhard-Steinle-1

Liebe Frau Steinle, liebe Familie Steinle,
liebe Trauergemeinde,

heute heißt es Abschied nehmen.
Abschied vom Ehemann, vom Vater, Bruder, Freund und Angehörigen Gerhard Steinle.
Er wurde 81 Jahre alt.
Die letzten Jahren waren mühsam für ihn.
Viele gesundheitliche Probleme machten ihm zu schaffen.
Und schon oft haben sie um sein Leben und seine Gesundheit zittern müssen.
In Anbetracht der Schwere seiner Erkrankungen war es doch auch ein kleines Wunder, wie er sich immer wieder aufgerappelt hat.
Zuletzt musste er im Sommer ins Pflegeheim, es ging einfach nicht mehr mit der Pflege zuhause.
Das war ein schwerer Einschnitt für sie beiden.
Wenn man ein langes gemeinsames Leben miteinander geteilt hat und täglich zusammen ist, wenn Beruf und Privatleben eins sind
und gemeinsam bestritten werden, da ist so eine Trennung kaum auszuhalten.
Aber sie haben jeden Tag telefoniert, oft mehrmals.
Und ihn natürlich besucht, so oft es ging.
Sie alle, die sie heute hier sind – so wenige es auch Corona-bedingt nur sein können – haben Gerhard Steinle gekannt und geschätzt.
Und bestimmt fallen ihnen viele Begegnungen mit ihm ein, oder Gespräche und Worte, die unvergessen bleiben.
Erinnerungen an einen Wengerter-Kollegen oder einen Freund,
der auf Festen und Feiern mit seinem Humor und seiner offenen Art einfach sehr geschätzt und gern gesehen war.
Einige Daten seines Lebens sollen nun genannt werden, die seinen äußeren Werdegang markieren.
Doch das was er ihnen bedeutet hat und was ihre ganz persönlichen Erinnerungen prägt, das können solche Daten natürlich nicht abbilden.

Lebenslauf:
Gerhard Steinle wurde am 1. April 1939 in Lauffen geboren.
Hier ist er mit seinen beiden älteren Schwestern Frieda und Lotte aufgewachsen.
Schon sehr früh musste er als junger Bursche in der elterlichen Landwirtschaft mitarbeiten.
Später hat er dann den elterlichen Landwirtschaftlichen Betrieb ganz übernommen.
Hartes und schweres Arbeiten war er von früher Jugend an gewöhnt.
Die Landwirtschaft und später der Weinbau waren seine große Leidenschaft.
Es war für Ihn Arbeit/Broterwerb und Hobby zugleich.
Im Mai 1968 haben sie beide, Lore Steinle, geb. Rieß und Gerhard Steinle, geheiratet.
Im Mai 2018 haben sie das Fest der Goldenen Hochzeit gefeiert.
1969 ist ihr Sohn Bernd geboren
[Text auf Wunsch entfernt]
Die Arbeit im Wengert prägte ihr gemeinsames Leben.
Er hat immer viel gearbeitet, als Vollerwerbslandwirt bzw. Vollerwerbswengerter.
Urlaub im klassischen Sinne gab es nicht, es gab immer etwas zu tun,
es gab immer Arbeit.
Um so härter traf ihn die Erkenntnis, als er gerade mal Mitte 50 war,
dass er aus gesundheitlichen Gründen seinen Betrieb nicht mehr würde schaffen können und er gezwungen war, seine Wengert zu verpachten.
Lediglich einen sogenannten „Rentnerwengert“, den hat er noch einige Zeit – mit Unterstützung – selbst bearbeitet.
Das war ein schwerer Einschnitt für ihn.
Auch besonders der Herbst war für ihn hart – weil er nun nicht mehr „dabei“ war.
Noch bis vor kurzem, haben sie mir erzählt, wo ihm das Laufen schon sehr schwer viel, wollte er – im Herbst – immer wieder vor zur Regiswindiskirche laufen, um dort von der Kirchbergmauer aus die Herbstwagen zu sehen.
„Tja, was soll man machen, wenn einem das alles genommen wird?“
Das waren oft seine Worte.
Ein kleiner Ersatz und ein Refugium für ihn war der Garten am Kies unten.
Den haben sie beide, liebe Frau Steinle, und ihr Mann mit großer Sorgfalt und Leidenschaft bepflanzt und bebaut – so lange es eben noch ging.
Urlaube – das sagte ich schon – gab es für sie (im klassischen Sinne) nicht wirklich.
Doch in späteren Jahren haben sie dann doch – sozusagen berufsgleitende - Reisen gemacht.
Mit dem Verein ehemaliger Landwirtschaftsschüler haben sie etliche Bus-Reisen gemacht z.B. nach Italien, Polen, England, Spanien und Südtirol.
So haben sie dann doch halb Europa bereist und so halb beruflich halb kulturell motivierte Ziele angesteuert und dadurch einige Länder zu sehen bekommen und sich fortgebildet.
Die letzten Jahre waren aber geprägt von vielen gesundheitlichen Rückschlägen für Gerhard Steinle.
Zuletzt war er kaum noch mobil und hat sich umso mehr über Besuch gefreut.
Besonders auch die Nachbarskinder waren in seinem großen Hof hintern Haus eine willkommene Abwechslung und erhellten und erfreuten seinen Tag.
Der Tod seiner Schwester Frieda im August dieses Jahrs hat ihn schwer getroffen. Und er hat darunter sehr gelitten.
Gerhard Steinle war ein offener und geselliger Mensch.
Er hatte einen kernigen, schwäbischen Humor und eine direkte Art, Dinge anzusprechen.
Das hat ihm viele Sympathien eingebracht und es war immer eine Freude, sich mit ihm zu unterhalten.
Besonders seine Liebe zu den Gedichten von Otto Gittinger war bekannt.
Auch mir hat er bei meinen Besuchen das eine oder andere Gedicht dieses aus Lauffen stammenden dichtenden Pfarrers vorgetragen!
Auswendig!
Das war schon beeindruckend.
Überhaupt hat er Mundart-Gedicht und Texte sehr geliebt und konnte viele davon auch auswendig.
Auf etlichen Geburtstagen hat er diese – wie er selbst humorvollen - Gedichte zum Besten gegeben.
Viele Jahre war er – in jüngeren Jahren – auch aktiver Posaunenchor-Bläser (Posaunenchor spielt).

Aber auch sein Glaube war ihm sehr wichtig.
Oft haben wir über seinen Glauben gesprochen.
Er hatte keine Angst vor dem Sterben.
Er war bereit dazu.
Denn er wusste, wohin ihn dieser Weg dann führen würde.
In diesem Vertrauen hat er gelebt und das hat er auch ausgestrahlt.
Denkspruch seinen Denkspruch aus Johannes 15, 16
hat er oft zitiert.
Er konnte ihn zeitlebens auswendig.
Nicht ihr habt mich erwählt,
sondern ich habe euch erwählt und bestimmt,
dass ihr hingeht und Frucht bringt
und eure Frucht bleibt,
auf dass, worum ihr den Vater bittet in meinem Namen,
ers euch gebe.
In diesem Vertrauen hat er gelebt.
Er war getragen von der Gewissheit, dass Gott auch ihn gerufen und zum Glauben erwählt hat.
Nicht unsere Leistungen, oder unsere frommen Werke manchen uns angenehm bei Gott, sondern Gott selbst kommt in diese Welt
– das haben wir ja an Weihnachten gefeiert – und stirbt für uns am Kreuz
und er tut damit alles, was nötig ist, damit wir ganz in Gottes Nähe leben dürfen und als seine erwählten Kinder leben dürfen.
Und was Gott erwählt hat, das kann nichts und niemand mehr aus seiner Hand reißen.
Nicht einmal der Tod.
Wer solchen Glauben hat, der kann darum auch beruhigt sterben.
In seinen letzten Lebenstagen ist Gerhard Steinle immer wieder ein Lied sehr wichtig geworden.
[Text auf Wunsch entfernt]
Es war das Lied, das wir schon gehört haben:
Meine Zeit steht in deinen Händen.
Nun kann ich ruhig sein ruhig sein in dir
Du gibst Geborgenheit, du kanns alles wenden
Gib mir ein festes Herz mach es fest in dir.
Von dieser Zuversicht war er bis zu seinem letzten Atemzug getragen.
Dieses Lied hatte er auf seinen Lippen.
Auch das darf uns ein großer Trost sein.
Denn wer so stirbt, der ist eigentlich zu beneiden.
Wer sich so getragen weiß von Gottes Nähe, der ist gesegnet.
Und wer so seinem Schöpfer vertraut, der darf sich glücklich preisen, denn er weiß von Gottes Gnade und Barmherzigkeit tief in seinem Herzen. Egal, was kommt.
Darum dürfen wir Gerhard Steinle heute getrost loslassen.
Wir dürfen versichert sein, dass Gott an ihm wahr macht, was er ihm in der Taufe zugesagt hat:
Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen du bist mein.
Amen.


Liebe Familie Steinle,
erlauben sie mir an dieser Stelle ausnahmsweise noch einen sehr persönlichen Schluss.
Ihr Mann hat ja Mundartgedichte und -Texte sehr geliebt.
Doch: A schwäbische Predigt zu halta isch in so einer Situation ned ganz oifach….
Aber ich habe für ihren Mann und Vater, und immerhin meinen geschätzten Nachbarn ein bescheidenes schwäbisches Abschieds-Gedicht verfasst.
Ich könnte mir vorstellen, dass es ihn gefreut hätte…


Für Gerhard Steinle:

D´ Sonna-Stroß entlang zom geha
Ohne ihr freindlich´s Gsicht zom seha

Des kann i mir no emmer ned recht vorstella
Mensch, Herr Stoile, sie werda mir scho was fehla!

Sie war´n an Nochbor nach mei´m G´schmack
Emmer guat druff ond Lust uff an frehlicha Strossa-Schnack

Emmer hemmer was zom Schwätza g´fonda
ob mei Modorädle no lauft und wie´s isch ´s tägliche Befinda

Ond jedes mol hend sia am End no a Witzle macht
so hemmer boide beim Auseinandergeha emmer frehlich g´lacht

Jetzt hot onser Herrgott sei Himmeltür uff´geschlossa
Ond ganz g´wies d´r Stoiles Gerhardt zu sich nei-glossa

Drom mach´s guat, Nochbor, mir vergessa di ned
Mir send dankbar, dass mir die bei ons hend ked.

Sie hend ellaweil ihr´m Herrgott fescht vertraut,
Ond ein solcher, der hat - des derfet se m´r glauba - ned auf Sand gebaut!

Drum dea mir Sie jetzt voller Zuversicht zom Allmächtga senda
Er mög eahne ewig´s Leba ond sei Gnad uf ewich schenka.

So sei´s - in Gott´s drei-ein´gem Namen -
Amen.

Predigt von Pfarrerin Winckler-Mann zur Bestattung von Gerhard Steinle am 29.12.2020

Vielen Dank für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.