Ingrid Bodynek

Ingrid
Bodynek


 
-
20.03.2019
Bottrop

stimmungsbild

Gedenkseite für Ingrid Bodynek

Ingrid Bodynek starb am 20. März 2019 in Bottrop.

Meine Mutter ist am 20. März 2019 verstorben.

Ich hatte ein ganz kurzes Statement auf der Kondolenzseite des Bestatters hinterlassen, welches gelöscht wurde. Wer das wohl veranlasst hat…..?
Es handelte davon, dass der letzte Mann meiner Mutter mir die alten Fotoalben mit den Urlaubsfotos nicht aushändigt, obwohl er meine Mutter zu den damaligen Zeiten noch gar nicht gekannt hat.
Aber dazu später.


Darum nutze ich hier die Gelegenheit, einen langen Text über meine Mutter zu schreiben.
Auf einer unabhängigen Seite, die jeder öffentlich lesen kann, aber auf die niemand Zugriffsbefugnisse hat und wieder eine Zensur vornehmen könnte.
Vermutlich wird es kaum jemand finden und lesen, aber es ist auch eine Art für mich, mit etwas abzuschließen. Hoffentlich.



Was der Pastor in der Trauerrede von meiner Mutter erzählt hat, war genauso verkehrt, wie sie ihr Leben immer gelebt hat.
Aber was sollte er machen? Er kann nur wiedergeben, was man ihm vorgibt.

Niemand aus der gesamten Trauergemeinde hat die angestimmten Lieder mitgesungen. Niemand, außer mir.

Neben der inhaltlich völlig verkehrten Rede des Pastors war dies ein weiterer Moment, der unendlich peinlich war, mich aber auch wütend gemacht hat.

Was sollte das? Alle Familienmitglieder – und das hat mich in der Tat sehr erstaunt – die ich teilweise 25 Jahre nicht gesehen hatte, waren zur Beerdigung gekommen, alle Achtung!
Aber niemand singt mit? Versucht es nicht einmal?

Warum waren sie dann da? Man muss ja hingehen? Oder sind sie nur aus Neugierde gekommen? Aus Sensationslust? Um „den Rest der Mischpoke“ mal wieder zu sehen? Auch mich, die Tochter der Rebellin, die auch zur Rebellin wurde und sich nichts gefallen gelassen hat und die sich fast 25 Jahre abgewendet hatte von dem Rest der Familie?


Aber zurück zu meiner Mutter:

Sie war immer ein "bunter Vogel" und – wie gesagt - eine Rebellin. Immer anders als andere und immer auffällig und laut und unverschämt.

Nicht klug, aber immer vortäuschend, alles zu wissen. Dabei auch viel Unfug verbreitend.
Ein Sturkopf, unbeugsam und überdreht, oft peinlich und manchmal auch ungewollt lustig.

Sie wollte immer gerne zu "den besser Gestellten" gehören und hat immer mehr Wert auf Äußerlichkeiten gelegt, als auf innere Werte.
Exklusive Wohngegenden, immer das neuste Automodell, schicke Kleidung, Urlaube, Schmuck und Kosmetik haben sie interessiert. Sonst nichts.

Keine mütterliche Zuneigung, keine Fürsorge, keine Unterstützung, dafür viele Jahre kein Kontakt – nur von kurzen Phasen unterbrochen.

Ich stand immer zwischen den Fronten Gleichgültigkeit und Unwillen auf Seiten meiner Mutter und Lieblosigkeit und seelische Quälerei durch meine Oma.

Dass sie nicht gern auf ihr Elternhaus zurück geblickt hat, kann ich bezogen auf meine Oma verstehen. Oma und Opa haben den Krieg aktiv miterlebt und waren entsprechend geprägt.
Dennoch hat mein Opa die gesamte Familie ernährt, er hat unter Tage gearbeitet und neben sich selbst sechs hungrige Mäuler gestopft. Auf ihn kann man wirklich stolz sein und es tut mir sehr leid, dass sie ihn immer als „schwach“ verhöhnt hat.

Meinen Vater hat sie nicht geheiratet.
Ich kenne ihn nicht, habe nur ein Foto von ihm.

Aber mit ihrem ersten Ehemann, der Liebe ihres Lebens, habe ich sie quasi zusammengebracht.

Er war DJ auf der Hochzeit einer meiner Tanten und ich fand ihn und seine Musik so unfassbar toll. Zwar war ich erst fünf Jahre alt, aber ich musste die ganze Zeit vor seinem Tisch, auf dem der Plattenspieler stand, tanzen, bis er mich fragte, wer denn wohl die Frau in dem roten Kleid sei. Es war meine Mutter.

Sie heirateten, als ich sieben Jahre war und ab da „musste“ ich am Wochenende immer zu ihnen. Für alle Beteiligten immer anstrengend, obwohl ich dann samstags immer in blauem Badewasser baden durfte, es unglaublich leckere Knackwürstchen von der Wursttheke und Cola gab und ich lange fernsehen durfte.
Eine gewisse Scheu vor dem Mann meiner Mutter konnte ich leider nie ablegen, obwohl ich ihn sehr gerne hatte und gerne „Papa“ genannt hätte. Auch sein Adoptionsangebot habe ich leider aus Angst abgelehnt.

Sie trennten sich, als ich 14 Jahre war.
Meine Mutter hat danach einen Versuch unternommen, sich das Leben zu nehmen, konnte aber noch gerettet werden.

Es war ihr ganz egal, dass es mich ja noch gab. So war sie halt - ich war für sie nicht existent.

Meine einzige Alternative war das Aufwachsen bei einer bösen, kaltherzigen Großmutter, die mich, bis ich mit 20 Jahren endlich ausziehen konnte, psychisch bis auf die Knochen fertig gemacht hat.

Mein Opa war leider gar nicht mein leiblicher Opa. Er hatte unter seiner Frau ebenso zu leiden, wie alle anderen Familienangehörigen.

Und dennoch war er der einzige Mensch aus meiner Familie, den ich geliebt habe und noch immer sehr vermisse, obwohl wir gar nicht verwandt miteinander waren.


Meine Mutter lebte so ihr Leben, bis zu dem Zeitpunkt, an dem ihr dieses Hinterherrennen hinter dem was auch immer sie gesucht hat, zu anstrengend wurde und sie einen sehr einfachen Weg gewählt hat.

Sie hat wieder geheiratet.


Der Traum vom luxuriösen, aufregenden Leben war damit gestorben.

Mein Leben lang war sie nie für mich da und hat sich niemals um mich gekümmert.
Sie liebte es jedoch, mit "ihrer schönen Tochter" und mit meinen schulischen Leistungen anzugeben.

Und wenn mein echter Job nicht gut genug war, hat sie einfach erzählt, ich hätte studiert und sei Vorstandssekretärin..............was sie für sehr erstrebenswert hielt, denn dann hätte man ja „ganz oben“ bei reichen und einflussreichen Leuten gearbeitet.

Ihr Leben war gepflastert von solchen Dingen - von der kleinen Schwindelei bis zur großen Lüge, was ihre eigene Ausbildung betrifft und die sie vor vielen Menschen einfach kurzerhand verschwiegen hat. Es war ihr nicht gut genug, gelernte Verkäuferin zu sein. Sie hatte zwar nicht die Fähigkeiten für mehr, hat aber immer nach Motto gelebt: „Mehr Schein als Sein“.


Meine Mutter hat mich vernachlässigt, belogen, sitzen gelassen und schlichtweg nie geliebt.


Dennoch habe ich ihr in der Stunde ihres Todes die Hand gehalten und war an ihrer Seite.

Ich war entsetzt darüber, was der Krebs aus ihr gemacht hat. Ein kleines, leidendes Häufchen Elend. Verwirrt, ohne Haare.
Es hat mir unendlich leid getan, dort einen Menschen zu sehen, der vom Krebs gebeutelt und von der unsäglich zerstörerischen und sinnlosen, aber für die Pharmalobby sehr lukrativen Geldbeschaffungsmaßnahme Chemotherapie zerfressen war.

Selbst wenn ich nie Liebe zu meiner Mutter empfunden habe, wünsche ich dies keinem Menschen. Niemand hat es verdient, so zu leiden und letztlich zwar unter Opium schmerzlos, aber dennoch elendiglich zu ersticken, bis der letzte Atemzug entwichen ist.

Umgeben von falschen, verlogenen, sensationslüsternen und geldgierigen Familienmitgliedern.

Ich habe sogar etwas Geld geerbt.
Durch das erst kurz vor ihrem Tod erstellte Testament haben sie und ihr Mann festgelegt, dass ich nur das überhaupt kleinstmögliche Minimum erbe. Sei’s drum.


Gerne hätte ich die Fotoalben unserer früheren, gemeinsamen Urlaube mit Mamas erstem Mann gehabt. Die aktuellsten waren von meiner Konfirmation 1982.

Ihr jetziger Mann hat mir dies verwehrt. Er kannte meine Mutter damals noch gar nicht und behält die Alben ganz offensichtlich aus Boshaftigkeit.

Aber entgegen aller Erwartungen meiner Oma, die mir 20 Jahre lang eingebläut hat, dass ich dumm bin und folglich Straßenfeger werden würde, habe ich mir diese Fotos schlauerweise vor vielen Jahren, während einer „Kontaktphase“ von meiner Mutter ausgeliehen und gescannt.

Es gehen mir also nur die Originale verloren – was soll’s.

Ich bin mein eigenes Original.

Alles, was ich erlebt habe, hat mich in Summe zu dem Menschen gemacht, der ich bin.
Und ich habe zum Glück fast nichts von meiner Mutter.

Natürlich macht es mich traurig, von meiner Herkunft her nur meine Mutter und ihre Mutter zu kennen und sonst niemanden, von dem ich abstamme.
Und gerade diese beiden Personen waren mir gegenüber gleichgültig und kalt, aber – so hat mir mal jemand gesagt – „dafür bist du ja gut gelungen“.

Und ja – ich vermisse es, liebevolle Eltern gehabt zu haben. Die für mich da gewesen wären, mich für voll genommen und unterstützt hätten. Die mich für tolle Leistungen und meine Kreativität gelobt hätten, die an mich geglaubt, mich getröstet und gefördert und in den Arm genommen und mir Geborgenheit und Sicherheit gegeben hätten.

Die mich einfach geliebt hätten – so wie ich war.

Und noch immer (noch bin ich nicht zu alt dafür) habe ich gelegentlich diesen Moment, an dem ich meinem Mann sage: „Schau dir den mal an: der wäre auch ein Wunsch-Vater für mich. Souverän, schlau, stattlich und weiße Haare – perfekt!“ und dann lache ich selbst über mich, da dieser Wunsch leider unerfüllt bleiben wird.

Was habe ich also meiner Mutter zu sagen und ihr zu verdanken?

Mein Leben.

Ingrid, ich war ungeplant, ein Unfall.
Aber ich war nicht ungewollt.
Jemand wollte mich und deswegen bin ich da.

Danke, dass du mich geboren hast.

Ich hoffe, du findest zur Ruhe oder kommst noch mal zurück auf die Erde und angelst dir deinen reichen, schönen Mann.

Geschenk Am 30.06.2020 von Gedenkseiten.de angelegt.
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