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Von Mama 22.01.2017 um 16:52 Uhr | melden
Die schwersten Wege werden alleine gegangen, die Enttäuschung, der Verlust, das Opfer, sind einsam. Selbst der Tote der jedem Ruf antwortet und sich keiner Bitte versagt, steht uns nicht bei
und sieht zu, ob wir es vermögen. Die Hände der Lebenden, die sich ausstrecken ohne uns zu erreichen, sind wie die Äste der Bäume im Winter. Alle Vögel schweigen. Man hört nur den eigenen Schritt und den Schritt, den der Fuß noch nicht gegangen ist aber gehen wird.
Stehenbleiben und sich Umdrehen hilft nicht. Es muß gegangen sein.
Nimm eine Kerze in die Handwie in den Katakomben. Das kleine Licht atmet kaum. Und doch, wenn du lange gegangen bist, bleibt das Wunder nicht aus, weil das Wunder immer geschieht und weil wir ohne Gnade nicht leben können: Die Kerze wird hell vom freien Atem des Tages. Du bläst sie lächelnd aus, wenn du in die Sonne tritts und unter den blühenden Gärten die Stadt vor dir liegt und in deinem Haus dir der Tisch weiß gedeckt ist. Und die verlierbaren Lebenden und die unverlierbaren Toten dir das Brot brechen und den Wein reichen - und du ihre Stimme wieder hörst ganz nahe bei deinem Herzen.
Hilde Domin aus:
Ich weiß nicht, ob ich bange
Ein Lesebuch für Nachdenkliche
Das ist so schön mein Joey ... ich hab Dich lieb ... Deine Mama ❤️❤️❤️
gesammelte Gedichte Frankfurt am Main 1987



