Sieglinde Ute
Krause

Von einem Angehörigen 03.05.2019 um 22:47 Uhr | melden

Hallo Mutti,

heute hatte es mich aus gegebenem Anlass, kurzfristig doch noch einmal nach Kiel gedrängt. Das Wetter was wenig erbaulich, wie es eigentlich auch zum Anlass einer solchen Reise zu erwarten war.

Leider muss ich eingestehen, dass ich dann doch nicht so erfolgreich war, wie ich anfangs erhoffte. Das Wort Abschied ist ein mächtiges Wort. Das kennt man erst, wenn die Stunde gekommen ist, an dem er vollzogen wird. Das kann man nicht üben oder einstudieren. Da gibt es, wie auch ich heute auf dem Friedhof erfuhr, Unwägbarkeiten.

Ja, ich habe das Urnenfeld nach Konsultation der Friedhofsverwaltung gefunden. Sie deuteten bei der Nachfrage bereits an, dass es eine anonyme Urnenbeisetzung war. Ich bekam also eine Friedhofskizze in die Hand und der Verwalter war so nett, mit einem Textmarker zumindest das Grabfeld zu markieren. Nach einem kleinen Fußmarsch fand ich es dann. Grabfeld 14.1; eine wenig erbauliche Wiese mit vier verstreuten, ca. 15 cm breiten und je 2 m hohen nüchternen Vierkantholzpfählen. Auf einigen waren auch einige kleine, gelbe Holzplaketten mit Namen und Daten aufgeschraubt. Dein Name war leider auf keinem der vier Pfähle auffindbar, also kenne ich den genauen Platz nicht.

Ja, man sagte mir, dass es so von dir verfügt wurde. Somit konnte ich den letzten, mir wichtigen persönlichen Schritt des Loslassens leider nicht wie erhofft abschließen und muss mit der Situation nun so zurechtkommen.

Zuvor war ich noch in Elmschenhagen bei deinem Papa, Opa Heinrich, auf dem Friedhof und habe mich heute auch von ihm verabschiedet.

Ja, es hat mich alles ein klein wenig verwirrt; dennoch gibt es wohl gute Gründe, warum du dich für diesen Weg entschieden hast.

Es wird dich nun niemand mehr direkt besuchen können. Da ich ja nun die letzten 35 Lebensjahre von dir nicht miterlebte, möchte ich diesen letzten Wunsch von dir, also auch mit der gebührenden Achtung, respektieren.

Ich hatte zwar nie eine wirklich konkrete Vorstellung, aber es war für mich irgendwie befremdlich zu wissen, dass deine beiden, noch lebenden Kinder, bei deiner Beisetzung nicht zugegen waren.

Ich könnte noch Vieles schreiben, dennoch würde es die Situation überhaupt nicht ändern. Du kämst nicht zurück; es würde dir nicht besser gehen; das Verhältnis bliebe wohl zerrüttet. Ebenso wäre eine Aussprache wohl auch zwecklos gewesen.

Ich mühe mich, das Wort "persönliche Schuld" nicht an mich heranzulassen, weil es auch mir überhaupt nicht weiterhilft.

Ich persönlich schließe diese Kondolenzbekundung also hiermit für mich ab.

Es ist gut möglich, dass noch weitere Menschen, deren Lebensweg du kreuztest, sich hier verewigen werden. Ich würde mich für dich freuen, wenn es viele positive Erinnerungen wären.

Wenn es wie erhofft ablief, dann wirst du jetzt mit Papa (Opa) wieder vereint sein. Habt gemeinsam eine wunderbare Zeit in der Ewigkeit.

In Gedanken werde ich weiter bei dir sein.

T.