Walter Schilling

Walter
Schilling

28.02.1930
Sonneberg
-
29.01.2013
Saalfeld

stimmungsbild

Gedenkseite für Walter Schilling

Walter Schilling wurde im Winter am 28. Februar 1930 in Sonneberg geboren und starb am 29. Januar 2013 mit 82 Jahren in Saalfeld. Er wurde im Tierkreiszeichen Fische geboren. Walter Schilling war ein evangelisch-lutherischer Pfarrer und Repräsentant der Kirche von Unten.

Schilling wurde als Sohn eines Pfarrers der Bekennenden Kirche geboren. Als Jugendlicher wurde er Mitglied der Flieger-HJ. Nach 1945 erhielt er in der Sowjetischen Besatzungszone keine Studienzulassung, daher absolvierte er ab 1950 in Münster und Heidelberg ein Theologie-Studium, das er 1955 in Jena mit dem Examen abschloss. Danach wurde er Vikar in Königsee und Braunsdorf und seit 1957 Kreisjugendpfarrer und Gemeindepfarrer der Thüringer Kirche in Braunsdorf-Dittrichshütte bei Saalfeld. Ab 1959 baute er ein kirchliches Jugendheim auf, dessen Leitung er fortan übernahm. Ab 1968 beteiligte er sich am praktischen Aufbau der Offenen sozialdiakonischen Jugendarbeit in Thüringen und war Ansprechpartner und Seelsorger für randständige Jugendliche, gab ihnen Raum und Gelegenheit zur Selbstfindung.

„Für Schilling waren die Jugendlichen Unruhestifter, die sich gegen staatliche und gesellschaftliche Bevormundung wandten und auch kirchliche Strukturen und religiöse Inhalte in Frage stellten. Seine Jugendarbeit verlangte keine religiösen Bekenntnisse, sondern schaute auf den Einzelnen und seine Fähigkeit zu eigenmächtigem Handeln.“

Er wurde von Beauftragten des Ministerium für Staatssicherheit (MfS) überwacht und geriet auch in Konflikte mit kirchlichen Behörden. 1974 wurde er auf Betreiben des MfS als Leiter des Jugendheimes abgesetzt und die Einrichtung geschlossen. Er wurde weiterhin überwacht, fand in den 1980er Jahren aber in Landesbischof Werner Leich einen Vertrauten und Beschützer.

Ehrhart Neubert schreibt Schilling eine „Schlüsselfunktion in der gesamten DDR“ zu. In einem taz-Artikel heißt es dazu weiter: „Die unter Schillings Schutz bietendem Jenaer Kirchendach versammelten jungen Oppositionellen seien die Keimzelle der DDR-Opposition gewesen.“

Schilling gilt als maßgeblicher Inspirator, Organisator und Repräsentant der aus der Offenen Arbeit hervorgegangenen Kirche von Unten, zu deren theologischem Begleiter er 1989 durch die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg berufen wurde. Aus seiner antikommunistischen Einstellung machte er auch in der Öffentlichkeit keinen Hehl. Danach befragt, was er im Oktober 1989 während der Wendetage in der Gethsemane-Kirche von Berlin erlebt habe, bekannte er:

„Das war, als auch der Herr Fink, Rektor der Humboldt-Uni, Dresche kriegte. Alle Eingeweihten in Berlin haben gesagt: ‚Endlich hat der mal den Wanst vollgekriegt, der rosa Kerl!‘ Wußte doch jeder, daß der rosa ist und ein Kompromißtyp, wie er im Buche steht.“

Nach den polizeilichen Übergriffen vom 7./8. Oktober 1989 in Berlin im Anschluss von friedlichen Demonstrationen war Schilling Mitarbeiter im Unabhängigen Untersuchungsausschuss.

Im Wendejahr 1989 und den folgenden Jahren spürte er andere Pfarrer auf, die mit dem MfS zusammengearbeitet hatten und brachte sie bei der Kirchenbehörde zur Anzeige. Der Landeskirchenrat bestellte ihn zum Sachverständigen in verschiedenen Anhörungs- und Amtszuchtverfahren gegen betroffene kirchliche Mitarbeiter. Ab 1990 wurde er wieder Leiter des Heimes für Offene Arbeit in Braunsdorf.

Schilling befand sich seit 1994 im Ruhestand und lebte in Dittrichshütte. 1995 erhielt er den Menschenrechtspreis der Stadt Weimar. „Walter Schilling war innerhalb der Oppositionsbewegung der ehemaligen DDR eine der Persönlichkeiten, die sich furchtlos für die Menschenrechte engagiert haben“, hieß es in der Begründung.

Ende 2001 trat er als Unterzeichner einer Stellungnahme ehemaliger DDR-Bürgerrechtler auf die Neujahrsansprache 2002 von Bundeskanzler Gerhard Schröder unter dem Titel Wir haben es satt[8] letztmals in der Öffentlichkeit in Erscheinung.

Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Walter_Schilling_(Theologe)
Bildquelle: Frank Ebert; CC