Elena
Bleß

Von Sophia 29.01.2025 um 17:49 Uhr | melden

Liebe Elena,
seit den ersten Stunden dieses neuen Jahres denke ich an dich, aber manchmal weiß ich einfach nicht, was ich schreiben soll.

Heute wollte ich eigentlich etwas anderes schreiben, aber dann saß ich vor meinem schwarzen Bildschirm, sah darin die Spiegelung meines Gesichts und mir fiel meine neue Brille auf. Warum schreibt sie mir das jetzt, denkst du vielleicht. Mir kamen auf einmal viele Gedanken dazu.

Ich hatte die alte Brille lange, ziemlich genau 11 Jahre. Jetzt um den zehnten Jahrestag muss man nicht nachrechnen um zu wissen, dass du damals noch ein gutes Jahr und (hoffentlich) einige schöne Momente vor dir hattest. Durch diese Brille habe ich im Fernsehen die schrecklichen Bilder vom Absturz gesehen. An den Rändern dieser Brille haben sich die Tränen gesammelt, die ich in all den Jahren um dich geweint habe. Die alte Brille und du, ihr hattet eine gemeinsame Schnittmenge. Die neue hat das nicht mehr.

Werd nicht albern, könnte man mir sagen, es ist doch nur eine Brille. Aber oft, wenn ich solch scheinbar banalen Gegenstände in meinem Leben ersetze, kommt es mir vor, als würde ich einen weiteren Faden an Verbindung zu dir durchschneiden, als würde ich einen neuen Keil zwischen deine und unsere Welt treiben. Und es macht mir bewusst, wie es trotzdem immer weitergeht. Man trauert zwar, aber möchte trotzdem schöne Sachen haben und gut aussehen. Es ist zwar schlimm, aber anscheinend noch nicht schlimm genug, dass jetzt alles aufhören würde. Als wären Menschen genauso austauschbar wie Brillen. Ich bekomme ein schlechtes Gewissen und viele würden mir sagen, das würdest du doch gar nicht wollen, aber ich stelle es mir trotzdem schwer vor, wenn du hier jetzt nur noch zusehen darfst. Aber ich hoffe, du weißt, dass du eben nicht austauschbar bist. Denn ich spüre in meinem Herzen, dass du fehlst, Elena. Und das wird immer das gleiche sein.

In Liebe, deine Sophia