Ernst Fischer

Ernst
Fischer

20.07.1933
Königsberg
-
03.03.2020
Kirchheim Teck

Stimmungsbild-Ernst-Fischer-1

Gedenkseite für Ernst Fischer

Ernst wurde am 20. Juli 1933 in Königsberg an der Friedhofstrasse 717 geboren. Damals lag Königsberg in Böhmen in der Tschechoslowakei, heute ist es Tschechien und der Ort heisst Gynsberg nat Oche. Das Haus wurde 1929 von seinem Vater Franz und seinem Grossvater Georg gebaut. Es steht noch heute und ist weiterhin bewohnt.

Ab 1939 ging Ernst in Königsberg in die Schule. Von besonderer Bedeutung war für ihn die jährliche Pilgerreise an Pfingsten nach Maria Kulm. Nicht nur wegen der feierlichen Messen, die abgehalten wurden, sondern vor allem wegen der mit Schokolade gefüllten Oblaten.

1943 wurde bei Ernst eine Hüftgelenksentzündung festgestellt. Er wurde in Zwickau in Sachsen behandelt und musste zweimal für sechs Wochen in ein Gipskorsett. Danach wurden ihm Schienen an den Beinen verpasst und er musste wieder laufen lernen. In dieser Zeit mit langen Liegephasen hat er seine Liebe zu Büchern entdeckt und war fasziniert von der Welt, die sich ihm durchs Lesen eröffnete.

1944 ging er noch kurz zur Schule, die dann aber bald geschlossen und zu einem Lazarett wurde.

1945 existierte keine Fliegerabwehr mehr, die sich gegen die amerikanischen Mustangs und Bomber hätte wehren können. Regelmässig mussten sich die Menschen in die Strassengräben retten, weil die Jagdflugzeuge auf alles schossen, was sich bewegte. Ernst erinnerte sich auch noch gut an die Bombardierung von Dresden im Februar 1945. Drei Nächte lang leuchtete der Himmel rot vom gewaltigen Feuer, das in Dresden wütete.

Ab April 1945 wurde die Tschechoslowakei grösstenteils durch die Rote Armee befreit, das südwestliche Böhmen jedoch durch die 3. US-Armee unter General Patton. Ernsts Familie hatte im Keller Wehrmachtssoldaten versteckt gehabt, darunter 16-jährige Jungen. Die Soldaten wurden von den Amerikanern verhaftet. Ernst hat die Angst der 16-jährigen, die ja nur ein paar Jahre älter waren wie er, sehr eindrücklich beschrieben und man spürte dabei, dass ihm das Schicksal dieser Jungen immer noch sehr nahe ging. Die Amerikaner waren aber sehr grosszügig mit ihren Rationspaketen und verteilten Corned Beef, Schokolade, Kaffee, Zucker, Kakao und Zigaretten.

Nach zwei Monaten zogen sich die Amerikaner zurück, die Sowjets übernahmen und das Sudetenland ging zurück an die Tschechoslowakei. Ab diesem Zeitpunkt wussten die dort wohnhaften Deutschen, dass sie von den Tschechen ausgewiesen werden würden. Ernsts Vater Franz wurde nicht in den Krieg einberufen, weil er in einem kriegswichtigen Braunkohlebergwerk arbeitete und dort die Dampfkessel mit Schamottestein auskleidete. Er kannte sich in der Gegend bestens aus und half den Leuten, ihre wertvollen Sachen nach Bayern in Sicherheit zu bringen oder Menschen über die grüne Grenze zu führen, da die offizielle Ausreise verboten war.

Per Zufall erfuhr Franz von seiner bevorstehenden Verhaftung und ist mit seiner ältesten Tochter Emma im September 1945 bei Nacht und Nebel über die grüne Grenze geflüchtet. Ernst, seine Mutter und die restlichen vier Geschwister wurden in eine Baracke in Königsberg umquartiert und durften nur mitnehmen was sie tragen konnten. Im Februar 1946 kamen sie für drei Wochen in ein Abschiebelager nach Falkenau und wurden dann in Viehwaggons nach Dachau gebracht, wo sie bis Mai 1946 blieben.

Franz hat am Pfingstsamstag 1946 seine Familie in Dachau abgeholt und nach Hepsisau gebracht, wo er sich inzwischen mit Emma niedergelassen und für einen Einheimischen dessen Haus ausgebaut hatte. Als Lohn dafür durfte er mit seiner Familie in der obersten Etage wohnen. 1949 hat Franz sein eigenes Haus am Auchtertweg 9 gekauft und umgebaut.

1946 ist Ernst in Hepsisau wieder zur Schule gegangen. Horst Hummel und Winfried Müller wurden seine besten Freunde. Im Hause Hummel befand sich eine grosse Bibliothek und Ernst durfte sich dort Bücher ausleihen.

Im Frühjahr 1948 begann Ernst eine Mechanikerlehre bei Bohner und Köhle in der Filiale Hepsisau. 1950 fuhren er auf einer NSU Fox und Horst Hummel auf einer 125cc Ardie über den Grossglockner nach Zell am See. 1952, wieder mit den Motorrädern, ging es in die Schweiz nach Aarau, Bern und Murten wo sie dann rechtsumkehrt machten, weil die Bewohner plötzlich französisch sprachen. Weiter ging es nach Interlaken am Thunersee, über den Brünigpass zum Vierwaldstättersee, Küssnacht, Tellskapelle, Gotthard und Zürich.

Er war immer noch oft im Hause seines Freundes Winfried zu Gast. Dessen Schwester hatte eine Freundin mit Namen Hilde, die gerne und viel redete. Ernst soll mal über Hilde gesagt haben: der arme Mann, der die mal heiratet, tut mir jetzt schon leid. Sie wird ihn in Grund und Boden schwätzen. 1952 fing Ernst ein Praktikum als technischer Zeichner bei Eberspächer in Esslingen an. Im Zug zur Arbeit begegnete er Hilde immer wieder und sie verliebten sich ineinander.

Am 18. Juli 1958 haben Ernst und Hilde in Kirchheim geheiratet und im Restaurant Krone wurde ausgelassen gefeiert. Die Hochzeitsreise führte sich nach Venedig. In dieser Zeit hat Ernst bei Willi Rahmer in Mülhausen gearbeitet. Zur Arbeitsstelle gehörte auch eine Wohnung, was damals ein grosser Luxus war. Viele mussten sich die Wohnung mit Eltern oder Schwiegereltern teilen.

Am Pfingstmontag 1960 wurde ihre Tochter Birgit geboren.

Im August 1961 zog die kleine Familie nach Stockach um. Ernst hatte dort bei Waldmann eine Stelle als Betriebsleiter gefunden und begann eine Ausbildung am Technikum. Im Herbst 1961 wurde Ernst schwer krank und war ein halbes Jahr halbseitig gelähmt. Mit viel Therapie konnte er die Lähmung überwinden. Man hat nie feststellen können, was der Auslöser war.

Am 1. August 1962 folgte der Umzug nach Wohlen in der Schweiz. Ernst und Hilde wollten in die Schweiz, weil Ernst dort die Möglichkeit hatte, sich am Abendtechnikum berufsbegleitend weiterbilden zu können und das Wohnungsangebot um einiges besser war als in Deutschland. Die Anfangszeit in der Schweiz war hart. Ernst verdiente bei der Firma Chemika nicht sehr viel und Hilde musste mit Putzen dazuverdienen. Später hat sie bei der Firma Stutz und dem Architekturbüro Erni im Büro gearbeitet. Am Abendtechnikum studierte auch Sigi Haussmann aus Nürtingen. Mit Sigi und seiner Frau Anneliese entwickelte sich eine schöne Freundschaft, die bis heute anhält.

Das erste Familienauto war ein Heinkel Kabinenroller, er hat 200 Franken gekostet. Mit diesem kuriosen Gefährt mit Fronteinstieg fuhren sie in den Sommerferien über den Gotthard nach Ascona zum Camping. Aus Platzgründen musste das Gepäck und das Zelt mit dem Zug vorrausgeschickt werden. In den Sommerferien 1964 fuhren sie mit dem neuen DKW Junior wieder zum Campen nach Rosapineta in der Nähe von Venedig. Ab 1965 ging es schon ein wenig weiter – nach Rovinj, damals Jugoslawien, heute Kroatien. Auf dem Campingplatz haben sie damals Brigitte und Hans-Hermann Peters aus Hamburg und ihre drei Kinder Martina, Ralf und Dagi kennengelernt. Es entwickelte sich eine Freundschaft, die noch heute besteht.

An Ernsts 36. Geburtstag, am 20.07.1969 sass die ganze Familie mitten in der Nacht vor dem ziemlich neuen Schwarz-Weiss-Fernseher und schaute gebannt Neil Armstrong zu, wie er seinen Fuss auf die Mondoberfläche setzte.

1971 stand erneut ein Umzug an. Diesmal nach Winkel bei Bülach. Ernst hatte bei Swissair eine Stelle in der Kunststoffwerkstatt gefunden. Der zweite DKW Junior wurde durch einen Peugeot 504 ersetzt.

1972 dann der erste Flug mit Mitarbeitervergünstigung nach Athen. Es war der erste von vielen Flügen, die Ernst und Hilde unternommen haben und die sie viele schöne Ecken dieser Welt entdecken liess.

In den 70ern hat sich Ernst ein Segelboot, einen Vaurien, gekauft und in Markelfingen am Bodensee einen Liegeplatz gefunden. Ein paar Jahre lang verbrachte die Familie vom Frühling bis in den Herbst viele Wochenenden auf dem See und auf dem dortigen Campingplatz. Jahre später haben sie viele schöne Stunden mit Hanny und Hansjörg Rieser auf deren Segeljacht verbracht, zuerst auf dem Bodensee, später dann in Kroatien.

Ernst hat die kleineren Reparaturen und Services an seinen Autos immer selbst gemacht. Er hat sich auch einmal einen Honda S600 als Restaurationsobjekt gekauft und viele Stunden mit der Wiederherstellung des Wagens verbracht. Viele Kilometer ist er mit dem Cabriolet nicht gefahren, weil immer wieder etwas kaputt ging. Da die Ersatzteil-beschaffung äusserst schwierig war, hat er ihn schweren Herzens wieder verkauft.
Als seine Tochter ihr erstes Mofa nach Hause brachte, musste sie es auf seine Anweisung hin bis zur letzten Schraube auseinandernehmen. Mit seiner Unterstützung wurde der Ciao dann wieder zusammengebaut. Danach lief das Ding erstaunlich schnell. Als Birgit ihr erstes Auto kaufte, weigerte sie sich, es in die Einzelteile zu zerlegen. Ernst aber wollte, dass sie zumindest weiss, wie man einen Reifen wechselt und einen Ölwechsel macht und hat sie angeleitet.

1976 flog die Familie das erste Mal in die USA. Über Detroit, wo seine Cousine Heidi wohnte, ging die Reise weiter nach Kalifornien, wo ihr Freund Gerry Callweit in Monterey lebte. Ernst hat die USA geliebt und war privat und geschäftlich oft dort. Eine Zeitlang spielte er sogar mit dem Gedanken, in die USA auszuwandern. Die Idee scheiterte aber am Veto von Hilde.

Als junger Mann hat Ernst viel Zeit am Flugplatz Hahnweide bei Kirchheim verbracht. Die Fliegerei hatte ihn schon früh fasziniert. Es war aber ein teures Hobby, das er sich damals nicht leisten konnte. Erst bei der Fluggruppe Swissair in Hausen am Albis wurde sein Traum wahr. Zuerst Segel-, dann Motorflug. Die Aktivitäten der Fluggruppe waren sehr abwechslungsreich und umfassten neben dem Wochenendbetrieb in Hausen mehrtägige Rundflüge mit mehreren Flugzeugen, Segellager in Zweisimmen und den alljährlichen Chlaushöck. Die älteren Mitglieder der Fluggruppe treffen sich noch heute jeden Monat und auch Ernst und Hilde waren oft dabei. In den 90ern hat Ernst in Kanada auch noch den Flugschein für Wasserflugzeuge gemacht.

Ernst und Hilde haben in Wohlen mit Tennis angefangen und viele Jahre gespielt. Später kam noch Golf dazu. Mit 60 hat sich Ernst noch einen grossen Traum erfüllt. Nach erfolgreichem Bestehen aller Prüfungen zum Hochseeschein, hat er auf einer Segeljacht mit einem Skipper und einer Gruppe Gleichgesinnter den Atlantik überquert.

1996 ging Ernst vorzeitig in Pension. Da er weiterhin von günstigen Flügen profitieren konnte, waren Hilde und er mehr unterwegs als zu Hause. So verbrachten sie zwei Monate in Australien bei ihren Freunden Pawleen und Werni Etter.

2001 war die Swissair zahlungsunfähig und musste Konkurs anmelden. Die günstigen Flüge entfielen. Hilde und Ernst waren aber immer noch sehr reiselustig und haben sich kurzerhand einen VW T4 Camper gekauft und sind damit die folgenden Jahre durch halb Europa gefahren.

Ernst liebte klassische und zeitgenössische Musik. Zu seinem 70-ten Geburtstag wurde er zur Aufführung der West Side Story auf der Seebühne Bregenz eingeladen und es wurde für Ernst und seine Tochter Birgit zur Tradition, die Vorstellungen in den folgenden Jahren zu besuchen. Ein anderer Höhepunkt war die Inszenierung des Fliegenden Holländers am Opernhaus Zürich im 2017.

Langsam verschlechterte sich der Gesundheitszustand von Ernst. Unter anderem beeinträchtigte ihn die Makuladegeneration in einem Auge. Deshalb wurde ihm 2016 der Fahrausweis entzogen, was ihm enorm zu schaffen machte.

Nach 56 Jahren in der Schweiz haben sich Hilde und Ernst im April 2018 entschlossen ihre Wohnung in Nürensdorf zu verkaufen und nach Kirchheim umzuziehen. Ernst genoss es, mit seinem Seniormobil in Kirchheim rumzukurven, einzukaufen und Hilde auf den Wochenmarkt zu begleiten. So hatte er sich wieder ein gewisses Mass an Selbstständigkeit und Freiheit zurückerobert. Sein Bruder Herbert hat sich liebevoll um ihn gekümmert und ihn überall hingefahren und Ausflüge mit ihm unternommen. Hilde und Ernst durften in diesem Jahr auch ihren 60. Hochzeitstag feiern.

2019 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand weiter. Im Herbst zwang ihn das Guillain-Barré-Syndrom in den Rollstuhl. Am 2. März 2020 fühlte sich Ernst den ganzen Tag gar nicht gut und musste am Abend notfallmässig ins Krankenhaus in Nürtingen eingeliefert werden. Dort konnte man nichts mehr für ihn tun. Am 3. März 2020 um 10:07 ist Ernst im Beisein von Hilde und seinem Bruder Herbert gestorben.

Ernst war ein grossartiger Mensch mit viel Verstand und Gefühl, ein liebevoller Ehemann und Vater. Er hat in seinem langen Leben viele Menschen berührt und war bis ins hohe Alter wissbegierig und interessiert. Er hat sich ganz selten beklagt und war zufrieden und glücklich mit dem, was ihm das Leben geboten hat. Er hat bis zuletzt Pläne geschmiedet und wollte mit Hilde nochmal nach Ägypten reisen.

Ernst wollte kein Grab. Auf seinen Wunsch hin und wenn die Zeit gekommen ist, wird seine Asche gemeinsam mit der Asche von Hilde in den Rhein verstreut werden.

Geschenk Am 08.03.2021 angelegt.
Geschenk Am 08.03.2021 angelegt.
Geschenk Am 03.03.2021 angelegt.
Geschenk Am 03.03.2021 angelegt.
Geschenk Am 03.03.2021 von meinem liebsten Schatz ! angelegt.
Geschenk Am 03.03.2021 von Stefan angelegt.
Geschenk Am 03.03.2021 von Esther angelegt.
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