Von Andreas Steinhardt 14.12.2025 um 12:13 Uhr | melden
Zur heutigen Gedenkkerze am 3. Advent (Gaudete) ein Gedicht von Franz Grillparzer.
Noch sind es 10 Tage bis zur Christnacht -
Franz freute sich immer sehr auf diese lichtreiche Advents- und Weihnachtszeit, trug mir als Kind viele passende Geschichten vor,
die meine Vorfreude auf das Fest kaum im Zaum halten konnte...
Das folgende Gedicht von Fontane kommt so
gar nicht adventlich herüber, dennoch wägt der Dichter bei seinem melancholischen, fast düsteren Blick auf den Dezember ab - und es offenbart sich ihm der Sinn dieser Zeit mit wehmütigem, eher aber retrospektiven Blick auf den Mai als dass eine prospektive Hoffnung auf das Frühjahr in ihm keimt...
Ich wünsche Ihnen dennoch einen besinnlichen 3. Advent, mit einer perspektiverischen Sicht auf die kommenden Tage bis zum Fest...
Dezemberlied
von Franz Grillparzer
Harter Winter, streng und rauch,
Winter, sei willkommen!
Nimmst du viel, so gibst du auch,
Das heißt nichts genommen!
Zwar am Äußern übst du Raub,
Zier scheint dir geringe,
Eis dein Schmuck und fallend Laub
Deine Schmetterlinge,
Rabe deine Nachtigall,
Schnee dein Blütenstäuben,
Deine Blumen, traurig all’
Auf gefror’nen Scheiben.
Doch der Raub der Formenwelt
Kleidet das Gemüte,
Wenn die äußere zerfällt,
Treibt das Inn’re Blüte.
Die Gedanken, die der Mai
Locket in die Weite,
Flattern heimwärts kältescheu
Zu der Feuerseite.
Sammlung, jene Götterbraut,
Mutter alles Großen,
Steigt herab auf deinen Laut,
Segenübergossen.
Und der Busen fühlt ihr Weh’n,
Hebt sich ihr entgegen,
Lässt in Keim und Knospen seh’n,
Was sonst wüst gelegen.
Wer denn heißt dich Würger nur?
Du flichst Lebenskränze,
Und die Winter der Natur
Sind der Geister Lenze!
Franz Grillparzer, genannt "österreichischer Nationaldichter" war Schriftsteller und Dramatiker, *15. Januar 1791 in Wien, +31. Januar 1872 ebenda.




